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etwa 1500 M., jetzt 2400 M., die Remontepreise sind in derselben Zeit von zirka 700 auf zirka 1100 M. gestiegen.

Aber auch innerhalb der Edelzucht bestehen erhebliche Schwierigkeiten, die Wünsche des züchtenden Landwirts mit denen der Militärverwaltung zu vereinigen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse drängen immer mehr auf ein recht ruhiges, massiges Halbblutpferd, während für Schnelligkeit, Ausdauer und Widerstandsfähigkeit das edlere, leichte Pferd vorzuziehen ist. Auch hier muß schließlich dem Züchter durch hohe Bezahlung der edlen Remonte vergütet werden, was er auf anderem Gebiete nachgibt.

Hohe Anerkennung verdient die starke Förderung der Pferdezucht durch staatliche Hengsthaltung, die ganz besonders für die Edelzucht von allerhöchster Bedeutung ist. Aber auch hier erscheint es nicht ganz unbedenklich, sie gewissermaßen für den Staat zu monopolisieren. Dagegen wird erfreulicherweise für die Schrittpferdezucht die Bedeutung der Privat-Hengsthaltung neuerdings immer mehr in den Vordergrund geschoben. Die begonnene, verständnisvolle Zusammenarbeit von staatlicher und privater Hengsthaltung ist eine besonders erfreuliche und verheißungsvolle Erscheinung der allerneusten Zeit.

Der Rennbetrieb hat einen ganz ungeahnten Aufschwung genommen; leider stehen in gar keinem Verhältnis dazu die Fortschritte in der Vollblutzucht, was zu sehr ernsten Bedenken Veranlassung gibt.

Dagegen ist Traberzucht und Trabrennen ohne staatliche Unterstützung sehr stark vorwärtsgekommen, und in absehbarer Zeit dürften korrekte Traberhengste von guter Form und Leistung auch mehr wie bisher in der Landeszucht Verwendung finden.

Die Reit- und Fahrturniere versprechen bei weiterem sachverständigen Ausbau der Inländerrichtung, einen recht befruchtenden Einfluß auf unsere heimischen Edelzuchten auszuüben.

Die Befürchtungen, die man schließlich für alle Zuchtrichtungen aus der vermehrten Benutzung von Elektrizität, Automobilen usw. glaubt herleiten zu sollen, haben sich vorläufig nur wenig oder gar nicht nachweisen lassen.

Die Rinderzucht.

Land- wie volkswirtschaftlich die größte Bedeutung unter den Tierzuchtzweigen kommt der Rinderzucht zu. Ihre Entwicklung hat eine entschieden einförmige, aber großzügige Entwicklung genommen. Die Freude am Besonderen, speziell am unwesentlichen Besonderen, tritt immer mehr zurück. Zahlreiche Rassen und Räßchen sind verschwunden, und im wesentlichen sind es nur noch einige wenige Typen, die nebeneinander stehen.

In fast beispielloser Weise haben die verschiedenen Kulturformen des schwarzweißen Niederungsrindes sich weiter verbreitet, weil sie einerseits unübertroffen sind in ihrer Anpassungsfähigkeit, andererseits je nach Haltung und Zuchtziel unerreicht in Milchleistung und hervorragend in Fleisch. In vielen Landesteilen trifft man nur vereinzelt noch Enklaven anderen Viehs, die aber naturgemäß auch allmählich verschwinden. Der Fortschritt aber im allgemeinen wird durch diese Vereinheitlichung wesentlich gefördert. Je breiter die Grundlage, um so sicherer und um so

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1467. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/338&oldid=- (Version vom 29.1.2017)