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erkennt auch Seine Majestät der Kaiser an, indem er persönlich an den Beratungen und Veranstaltungen landwirtschaftlicher Körperschaften regen Anteil nimmt und überall sein lebhaftes Interesse an landwirtschaftlichen Fragen bekundet. Dazu ist er auch als größter Grundbesitzer des Landes mit dem Wohl und Wehe der Landwirtschaft aufs innigste verbunden.




II. Ackerbau
Von Prof. Dr. P. Holdefleiß, Halle a. S.


Pflanzenzüchtung.

Das eigentlich Produzierende im Ackerbau sind die Kulturpflanzen, die als lebende Organismen unter dem Einflusse der Sonnenenergie gewisse Stoffe der Luft und des Bodens verarbeiten. Es ist einleuchtend, daß die Leistungsfähigkeit der lebenden Organismen wie auf so vielen anderen Gebieten auch hier verschieden sein kann. Die Auswahl der leistungsfähigeren Individuen, die Isolierung dieser von weniger leistungsfähigeren und dadurch die Heranzucht von besseren Stämmen und Sorten ist die Aufgabe der eigentlichen Züchtung bekanntlich stets gewesen. Während aber eine solche sich bei den Haustieren schon seit längerer Zeit entwickelt hatte, hat eine eigentliche Züchtung der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen erst viel später begonnen. Wenn diese neuzeitliche Pflanzenzüchtung nun auch in ihren frühesten Anfängen, speziell in Anknüpfung an den französischen Züchter Vilmorin und an die Züchtung der Klein-Wanzlebener Zuckerrübe, bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückreicht, so kann man doch sagen, daß erst die letzten 25 Jahre eine stürmische und in den Erfolgen glänzende Entwicklung gebracht haben. Vorher war die Zahl der landwirtschaftlichen Pflanzenzüchter verhältnismäßig gering gewesen. Rimpau-Schlanstedt hatte zwar vorher durch seine wissenschaftlichen und auch praktisch züchterischen Arbeiten wichtige Vorfragen bearbeitet, und ebenso hatten auch Beseler, Steiger, Bestehorn, Richter u. a. beachtenswerte praktische Erfolge erzielt. Gegen Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts trat aber dann vor allem v. Lochow-Petkus mit seiner Roggenzüchtung in die Öffentlichkeit, durch deren damals glänzenden Erfolg die Aufmerksamkeit in besonderem Maße auf die Notwendigkeit der landwirtschaftlichen Pflanzenzüchtung gelenkt wurde. Seitdem ist nun bis heute die Zahl der Originalzüchter, die an der Schaffung ertragreicherer Sorten unserer Kulturpflanzen arbeiten, ungeheuer angewachsen, so daß man erst seitdem die Entstehung eines neuen landwirtschaftlichen Berufszweiges, nämlich der Pflanzenzüchtung, konstatieren kann. Wenn auch die starke Beteiligung an der Pflanzenzüchtung dazu geführt hat. daß die Zahl der Sorten immer mehr zunimmt und die Übersicht und Auswahl immer schwieriger wird, so ist es doch als Gewinn anzusehen, daß durch die große Zahl der Mitarbeiter der gegenseitige Wettbewerb und die Anspannung aller Kräfte gesteigert, und damit das Gesamtresultat und der stetige Fortschritt gefördert, nicht etwa gehemmt wird. Natürlich führt

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1454. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/325&oldid=- (Version vom 20.8.2021)