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Tiefkultur.

Mit der reichlicheren Düngung konnte naturgemäß auch eine Vertiefung der Ackerkrume vor sich gehen, und es bürgerte sich daher die Tiefkultur in Deutschland immer mehr ein. Sie bietet dem Wurzelsystem der Pflanzen einen günstigeren Standort als die Flachkultur und gestattet vor allem auch dem Boden, größere Feuchtigkeitsmengen für trockene Zeiten aufzuspeichern; gerade das hat sich in den allerletzten dürren Jahren als sehr bedeutungsvoll erwiesen.

Die Ackerwirtschaft wurde aber dort besonders gehoben und geradezu zu einer Gartenkultur ausgestaltet, wo ein intensiver Hackfruchtbau sich entfaltete, und so ist vornehmlich der Rüben- und Kartoffelbau die hohe Schule des deutschen Landwirts geworden. In ihr lernten wir die Pflüge und Maschinen in einer Weise vervollkommnen, welcher man schon heute seine Bewunderung nicht versagen kann.

Kulturtechnik.

Wo immer aber die Natur die Äcker und Wiesen dem Landwirte in einem Zustand darbot, welcher sie nicht zu den höchsten Leistungen befähigte, aber doch verbesserungsfähig war, setzte die Kulturtechnik ein. Galt es früher, vor allem die Äcker durch Drainagen trockener und wärmer zu gestalten, so wird neuerdings infolge der letzten trockenen Jahre auch das Problem der zweckmäßigsten Feldbewässerung eifrig bearbeitet. Wenngleich diese nun keineswegs für Deutschland eine derartige Bedeutung erhalten wird wie die Wiesenbewässerung oder die Feldentwässerung durch die Dränage, oder gar wie die Ackerbewässerung in subtropischen Gegenden, so ist sie doch vereinzelt angebracht und besonders wird sie im Garten- und Obstbau mit Erfolg sich einbürgern und bewähren.

Bakteriologie.

Für den Boden hat dann speziell die Bakteriologie noch eine große Bedeutung gewonnen. Zwar haben sich bis jetzt jene Hoffnungen noch nicht voll erfüllt, die neben dem Düngerhändler auch einen Bakterienhändler dem Landwirt prophezeiten. Auch steckt die Entwicklung der Bodenbakteriologie immer noch in den Kinderschuhen, was bei dem Umfang der Materie und ihren Schwierigkeiten kaum anders zu erwarten war. Aber wir wissen heute doch bereits sicher, daß es eine große Anzahl Bakterienarten im Ackerboden gibt, die von so ungeheurer Bedeutung für ihn sind, daß es sich im Interesse der Praxis lohnt, sie gründlich zu erforschen, und das läßt sich die Wissenschaft auch angelegen sein. Den letzten 25 Jahren gebührt das Verdienst, das große Problem der Bodenbakteriologie offen aufgedeckt zu haben.

Pflanzenzüchtung.

Aber noch ein anderes in seinen Folgen großartigeres Problem wurde im letzten Vierteljahrhundert bearbeitet, das ist die Pflanzenzüchtung. Reichen auch ihre ersten systematischen Anfänge in Deutschland um über 20 Jahre weiter zurück, so wurde sie doch erst in der Neuzeit voll entwickelt und in alle ihre einzelnen Teile zergliedert ausgebaut. Die nachfolgende Abhandlung wird sie eingehend würdigen.

Der Erfolg aller dieser Neuerungen und Bestrebungen zeigt sich nun deutlich in den

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1446. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/317&oldid=- (Version vom 20.8.2021)