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auch bei anderen Krankheiten ohne Krankheitserscheinungen, so bei Diphtherie und bei Typhus abdominalis gemacht und hat an die Bekämpfung der Krankheitsübertragung neue Anforderungen gestellt. Sodann zeigte sich, daß die nach Auftreten der Epidemie getroffenen Maßnahmen gegen die Übertragung der Krankheit ihre Wirkung nicht versagten.

Wurden doch im Eppendorfer Krankenhaus viele tausend Cholerakranke Wochen hindurch verpflegt, ohne daß eine Ansteckung von Ärzten oder Wartepersonal erfolgte. Erst als nach längerer Dauer der Seuche die Furcht vor Ansteckung und der Gehorsam gegen die Verordnungen nachließen, kamen vereinzelte Übertragungen vor, deren Entstehung sich dann nachweisen ließ. Durch die Maßnahmen des Reichs gelang es weiterhin eine größere Ausbreitung der Seuche in Deutschland zu verhindern. Der gleiche Erfolg wurde im Jahre 1905 erzielt als in Rußland längs der preußischen Grenze die Cholera sich ausbreitete. Es ist das große Verdienst von Kirchner in diesem und den folgenden Jahren durch die verschiedensten Maßnahmen, insbesondere auch durch Stromüberwachung der Weichselgebiete von Schillo an der russischen Grenze bis zur Mündung der Weichsel bei Neufahrwasser, sowie der anderen gefährdeten Flußgebiete jeden einzelnen Fall isoliert und so die Weiterverbreitung verhindert zu haben.

Bakteriologische Laboratorien.

Die erste Aufgabe besteht naturgemäß in der sicheren Erkennung der Cholera. Diese ist keineswegs so einfach, als man nach der ersten Entdeckung Robert Kochs geglaubt hat. Das gleiche gilt allerdings für alle Seuchenerreger. Ohne besondere Hilfsmittel und Laboratorien ist es dem praktischen Arzt nicht möglich eine sichere bakteriologische Diagnose zu stellen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben wurden zuerst alle größeren Krankenanstalten mit entsprechenden bakteriologischen Laboratorien ausgestattet. Aber in dieser fanden nur die im Krankenhause aufgenommenen Fälle ihre Untersuchung. Die gleiche Einrichtung wurde von der Militärverwaltung durch Einrichtung von bakteriologischen Untersuchungsstellen in den Garnisonlazaretten getroffen. Für die Krankheitsfälle in der Praxis des Arztes mußten aber weitere Einrichtungen getroffen werden. Das Institut für Infektionskrankheiten in Berlin, welches für R. Koch geschaffen war, trat zwar bei größeren und gefahrdrohenden Epidemien wie Cholera und Pest ein, war aber naturgemäß den Riesenaufgaben nicht gewachsen, welche die ganze Monarchie stellte. Es wurden deshalb teils in größeren Städten, teils an den Universitäten in Verbindung mit den hygienischen Instituten, teils in besonders gefährdeten Gebieten Medizinaluntersuchungsämter und bakteriologische Untersuchungsstellen für bestimmte Aufgaben eingerichtet. Besondere Apparate zur Aufnahme des verdächtigen Untersuchungsmaterials (nach der Angabe von Ministerialdirektor Kirchner angefertigt) werden in jeder Apotheke an die Ärzte abgegeben. Auf diese Weise ist die sichere Feststellung einer bakteriologischen Diagnose jedem Arzt ermöglicht. Er muß nur das für die Diagnose der Krankheit erforderliche Untersuchungsmaterial in richtiger Weise entnehmen und an das betreffende Institut einsenden. Das Untersuchungsergebnis wird dem betreffenden Arzt und nötigenfalls auch dem beamteten Arzt mitgeteilt.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1415. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/286&oldid=- (Version vom 31.7.2018)