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Die Maßnahmen zur zweckmäßigen Ernährung und zum Schutz der Gesundheit in gewerblicher Tätigkeit.

Die normale Ernährung des Menschen hat durch ärztliche Studien in verschiedener Richtung eine Förderung in den letzten Jahrzehnten erfahren. Eine Schwierigkeit beruht auch heute auf der ungenügenden Produktion Deutschlands an Schlachtvieh, so daß der Fleischkonsum vielfach nicht diejenige Höhe hat, welche für eine gesunde Volksernährung notwendig ist. Große Fortschritte haben dagegen die Bestrebungen gemacht, in Volksküchen zu einem billigen Preis eine gute Nahrung zu verabreichen und durch besondere Milchküchen für Säuglinge und Kinder zu sorgen. Weiterhin ist in den letzten beiden Jahrzehnten die besondere Aufmerksamkeit der Ernährung und den Krankheiten der Schuljugend zugewandt worden. Schularztstellen zur Untersuchung der Kinder zwecks allgemeiner und spezieller hygienischer Maßnahmen sind in vielen Städten eingerichtet worden. Auch Schulschwestern zur Hilfe für den Arzt und zur Vermittlung mit den Eltern sind in einzelnen Städten eingestellt worden. Die Zahnpflege der Jugend und die Ernährung haben Berücksichtigung erfahren, und außerdem sind vielfach Erholungsheime auf dem Land, an den Seen und in waldreicher Gegend geschaffen worden. Baden und Spiele im Freien haben eine völlig andere Pflege erfahren, als es früher der Fall war.

Die Gesetzgebung gegen die Verfälschung von Nahrungsmitteln hat durch Ergänzungen vom 3. Juni 1900 und vom 7. April 1909 wesentliche Verbesserungen erfahren. Auch die Verunreinigung des Trinkwassers, sowie von Wasserläufen und Wasserbehältern, welche dem menschlichen Gebrauche dienen, ist in der Gesetzgebung berücksichtigt worden.

Schutz in gewerblichen Betrieben.

Die Gefahren, welche Fabrik- und Gewerbebetriebe durch ihre Einrichtungen, Maschinen, den entstehenden Staub und schädliche Gase den Arbeitern bringen, haben in der Gewerbeordnung eine sorgfältige Berücksichtigung erfahren. Für Arbeiter unter 18 Jahren sind besondere Bestimmungen mit Rücksicht auf Gesundheit und Sittlichkeit getroffen worden. Soweit es der Betrieb gestattet, sollen die Geschlechter getrennt werden. Kinder unter dreizehn Jahren dürfen in Fabriken nicht beschäftigt werden und bei Kindern unter 14 Jahren darf die Beschäftigungszeit sechs Stunden täglich nicht überschreiten. Für Arbeiterinnen[WS 1] sind besondere Bestimmungen auch bezüglich Schlusses der Arbeitszeit an Vorabenden von Sonn- und Festtagen in der Gewerbeordnung enthalten. Die Durchführung der Gesetze wird durch Anordnungen über das Verhalten der Arbeiter im Betrieb, über die Bestimmungen zum Schutz von Leben und Gesundheit, welche öffentlich ausgehängt werden, erleichtert. Allerdings bedingt die Ausdehnung aller dieser Bestimmungen auf die nur zeitweise beschäftigten Saisonarbeiter eine beträchtliche Einschränkung der Erwerbsverhältnisse.

Ganz spezielle Gesetze und Verordnungen betreffen die Betriebe, in welchen giftige Substanzen und gesundheitschädliche Substanzen verarbeitet werden. Dahin

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Arbeiterinnen
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/282&oldid=- (Version vom 20.8.2021)