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zu erzeugen, während die Erektion und Ejakulation des Samens erhalten bleibt; die Tiere werden dadurch steril. Auch die blutbildenden Organe (Milz, Knochenmark, Lymphdrüsen) sind durch Röntgenstrahlen leicht verwundbar.

Röntgenbestrahlung zu Heilzwecken.

Bei Menschen ist vor allem die Verbrennung der Haut bereits seit Jahren bekannt; einmal vorhanden heilt sie nicht mehr völlig aus. Viele Ärzte haben sich eine chronische Röntgenhautentzündung als Berufskrankheit erworben, ehe diese Wirkung der Röntgenstrahlen bekannt war. Auf diesem chronischen Ekzem hat sich bisher bei mehr als 80 ein echter Krebs ausgebildet, welcher mehrere unter großen Schmerzen getötet hat, andere zur Absetzung des Armes zwang.

Auf Grund dieser Einwirkungen auf das tierische und menschliche Gewebe wurden die Röntgenstrahlen auch zu Heilzwecken herangezogen; fast alljährlich hat sich der Kreis der Krankheiten, welche der Röntgentherapie zugänglich sind, erweitert. Es sind heute besonders eine große Anzahl von Hautleiden, die gefürchteten Blutkrankheiten „Leukämie“ und Pseudoleukämie, Krebsleiden, besonders Hautkrebs.

Eine ganz ungeahnte Ausdehnung hat in den letzten Jahren die Röntgentherapie bei Frauenleiden erlangt bei Muskelgeschwülsten der Gebärmutter, Blutungen und Krebsleiden, wodurch die Operationen sehr beträchtlich eingeschränkt worden sind.

Auch die Tuberkulose, besonders die Knochentuberkulose wird durch Röntgenstrahlen gebessert, resp. zur Heilung gebracht.

Die Röntgentherapie ist Neuland; sie wird sich ebenso wie die Radiumtherapie und die Therapie mit anderen radioaktiven Substanzen (Mesothorium) noch weitere Gebiete erobern; an Dutzenden von Kliniken, Krankenhäusern und Privatinstituten ist man an fleißiger Arbeit, besonders um ihre Heilwirkung gegen den Krebs zu studieren.

Lungenkrankheiten.

Von den Lungenkrankheiten ist besonders die Lungentuberkulose in den letzten Jahren erneut eingehend studiert worden; die geniale Entdeckung des Tuberkelbazillus durch Koch hat gerade hierbei besonders befruchtend gewirkt. Durch bessere klinische Beobachtung, feinere Diagnostik, durch die bakteriologische und röntgenologische Untersuchung ist die Frühdiagnose sehr gefördert worden; frühzeitiges Erkennen ermöglicht auch frühzeitige Behandlung. Der Kampf gegen die Tuberkulose ist in großzügiger Weise von allen Kulturstaaten aufgenommen worden, er ist durch eine internationale Organisation, welche seit mehreren Jahren alljährlich Konferenzen abhält, sehr gefördert worden, indem weitere Kreise des Volkes, die Regierungen, die Stadtverwaltungen, Versicherungsorgane, Krankenkassen dadurch mit den Bestrebungen gegen die Tuberkulose bekannt gemacht wurden.

In Deutschland liegt die nationale Organisation in dem unter dem Protektorate Ihrer Majestät der Kaiserin stehenden deutschen Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose, welches in mustergültiger Weise auf breiter Grundlage alle Bestrebungen gegen Tuberkulose unterstützt. Durch Gewährung von Geldmitteln seitens der Zentralstelle wurde an vielen Orten die private Wohltätigkeit zur kräftigen Unterstützung angeregt und viele Heilstätten, Walderholungsstätten, Waldschulen verdanken

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/231&oldid=- (Version vom 20.8.2021)