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bei der ärmeren Bevölkerung durch. In Preußen bestehen in jedem Regierungsbezirke Untersuchungsämter zur kostenlosen Untersuchung von infektiösem Materiale.

Es war eine große Arbeit notwendig, um alle diese Einrichtungen zu schaffen, sie haben sich in vielen Hunderten von Fällen trefflich bewährt und mit dazu beigetragen, daß die Zahl der Infektionskrankheiten in Deutschland so beträchtlich heruntergegangen ist. Es muß hier auch in Dankbarkeit des Begründers der modernen Hygiene in Deutschland, Max von Pettenkofers, welcher als Professor der Universität München wirkte (gest. 1897) gedacht werden. Die Gesetzgebung hat entsprechend den gewaltigen Umwälzungen, welche das moderne Verkehrswesen erfahren hat, auch vom Standpunkte der öffentlichen Gesundheitspflege aus Rechnung getragen. Die Vorschriften des Bundesrates über die gesundheitliche Behandlung der Seeschiffe in deutschen Häfen vom 29. August 1907, die neue Eisenbahnverkehrsordnung vom 23. Dezember 1908 und die vom Reichseisenbahnamt 1910 neu herausgegebene Anweisung zur Bekämpfung ansteckender Krankheiten im Eisenbahnverkehr, ebenso die Bestimmungen über die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten im Post- und Telegraphenverkehr (1908) beweisen, daß die Arbeit der medizinischen Wissenschaft in die Praxis des Lebens umgesetzt worden ist und zum Segen des Volkes alltäglich wirkt.

Planmäßige Bekämpfung des Typhus im Südwesten des Reichs.

Eine besondere Hervorhebung verdient es, daß, während bisher der Kampf gegen den Unterleibstyphus nur örtlich geführt wurde, seit 1904 durch ein einheitliches Vorgehen von mehreren Bundesstaaten (Preußen, Bayern, Oldenburg, Elsaß-Lothringen) unter Leitung eines Reichskommissars eine planmäßige Bekämpfung des Typhus im Südwesten des Reiches möglich geworden ist, welche infolge des großzügigen Vorgehens bereits große Erfolge erzielt hat. Ein solches planmäßiges Vorgehen hat sich auch bei Bekämpfung der Wurmkrankheit im rheinisch-westfälischen Bergrevier glänzend bewährt. Diese gefährliche Krankheit ist dadurch eingeschränkt worden, so daß die Gefahr einer neuen Ausbreitung als beseitigt gilt.

Erfolge der Bekämpfung der Infektionskrankheiten.

Von 100 000 Einwohnern starben:

      an 1885 1895 1905
Pocken 0,6 0,1 0,01
Masern 33,4 15,2 16,7
Scharlach 32,5 19,8 13,8
Diphtherie 122,7 54,0 22,4
Unterleibstyphus 25,2 10,5 10,5
Kindbettfieber 10,7 5,4 5,2
Zusammen: 225,1 105,0 69,1
An Tuberkulose 344,7 251,2 205,5

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1356. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/227&oldid=- (Version vom 20.8.2021)