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Stadiums, sondern auch des vierzelligen, achtzelligen und sogar des sechzehnzelligen Stadiums konnten bei manchen dieser Tiere noch vollständige Larvenformen erzogen werden, während bei anderen Tieren, z. B. Ascidien und Rippenquallen aus solchen Teilstücken nur Halb- und Viertelembryonen, also entsprechend dem Prinzip der organbildenden Keimbezirke nur diejenigen Körperpartien geliefert werden, die in jenen Teilen als Anlage vorhanden waren. Nach den Ergebnissen dieser Versuche dokumentiert sich die Entwicklung entweder als eine solche, bei welcher ihr Verlauf schon von den frühesten Stadien an vorgezeichnet schien, die ins Moderne übersetzte Präformation oder aber als eine solche, bei der sich aus isolierten Teilen Körperpartien anderer Art entwickeln konnten, als diejenigen, welche eigentlich aus ihnen hervorgehen sollten. Im letzteren Fall findet also recht eigentlich eine Neubildung statt und die Entwicklung verläuft unter dem Bild der Epigenesis. Diese Gegensätze stehen sich also gegenüber und man hat versucht, sie nach Möglichkeit zu überbrücken. Wie das geschah, kann an dieser Stelle nicht verfolgt werden, dagegen dürfte hier vor allem die Fähigkeit des in Entwicklung begriffenen Organismus interessieren, auch bei so tiefgehenden Eingriffen nach Verlust beträchtlicher Teile und aus verhältnismäßig geringen Resten unter Umständen das Ganze zur Ausbildung bringen zu können. Es sind dies, ähnlich wie die früher besprochenen Erscheinungen, höchst überraschende Resultate dieser experimentellen Forschung, die man früher für völlig unmöglich gehalten haben würde.

Was hier zur Darstellung gelangte, sind nur einige wenige Versuche aus der großen Anzahl der zur Ausführung gelangten das Determinationsproblem betreffenden Experimente; sie sollen nur ein Bild davon geben, wie und nach welchen Gesichtspunkten man dabei verfuhr. Von der Art und Weise, wie sie unternommen wurden und von den dazu nötigen sinnreich ausgedachten feinen Methoden kann hier leider nicht die Rede sein, ebensowenig von den sehr verschiedenartigen, häufig das Wesen der Entwicklungs- und Lebensvorgänge an ihren Wurzeln berührenden Fragstellungen. Außer mit den wichtigsten Fragen, welche das Determinationsproblem stellte, beschäftigen sich diese Untersuchungen mit den übrigen Fragen nach den Ursachen der Entwicklungsvorgänge, z. B. den von außen kommenden Einwirkungen (Einfluß der Schwerkraft, der Temperatur, des Lichtes usw.), ferner den bei der Entwicklung wirkenden inneren Faktoren (Zellteilung, Wachstum, Verlagerung der Elemente usw.). Darüber geben außer den speziellen Untersuchungen die zusammenfassenden Schriften von Roux und Driesch am besten Auskunft. Auch K. Heider, O. Maas und Przibram gaben übersichtliche Darstellungen dieses Gebiets und ganz neuerdings (1913) hat dies C. Herbst als ein berufener Vertreter im Handwörterbuch der Naturwissenschaften getan.

Regeneration und Transplantation.

Als ein besonderer Zweig der experimentellen Morphologie, mit der Entwicklungsmechanik in engem Zusammenhang stehend, hat sich neuerdings eine Richtung ausgebildet, die zwar schon recht alt ist und ihre Wurzeln im vorvergangenen Jahrhundert hat, aber doch erst unter dem Einfluß der modernen experimentellen Forschungsmethode zur Blüte gelangen konnte, nämlich die Lehre von der Regeneration und der mit ihr auf das engste

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1350. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/221&oldid=- (Version vom 20.8.2021)