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Ammoniak abgeschiedenen Stickstoffs. Rayleigh vereinigte sich mit Ramsay, und es gelang ersterem durch Ausfunken der Luft nach dem Vorgang von Cavendish schließlich ein unveränderliches Gas als Rückstand zu behalten, während Ramsay den Stickstoff mittelst Lithium oder Magnesium wegnahm. Dem neuen Element gaben Rayleigh und Ramsay seiner chemischen Indifferenz wegen den Namen Argon. Sie erkannten in dem Argon ein einatomiges Gas, dem das Atomgewicht 39 zukommt, sein Spektrum bewies die Eigenart, die Beziehung zwischen den beiden spezifischen Wärmen seine Einatomigkeit. Ramsay schien es wahrscheinlich, daß das Argon ein Glied einer ganzen Gruppe in ihren Eigenschaften miteinander verwandter Elemente sei. Er wurde aufmerksam auf die Beobachtung F. W. Hillebrands vom geologischen Institut zu Washington, daß uranhaltige Mineralien, besonders Cleveit, beim Auflösen in starken Mineralsäuren ein Gas abgeben, das Hillebrand für Stickstoff gehalten hatte. Ramsay wiederholte den Versuch und fand 1895, daß die gelbe Linie des Spektrums des Gases identisch war mit der des Elementes, das 1868 der französische Astronom Janssen in der Chromosphäre der Sonne entdeckt hatte und für das Frankland und Norman Lockier den Namen Helium vorgeschlagen hatten. Heinrich Kayser stellte spektralanalytisch die Anwesenheit von Helium sowohl in den Gasen der Quelle von Wildbad, als in der atmosphärischen Luft fest. Ramsay und Norman Collie bestimmten das Atomgewicht des Helium zu 4 und erkannten in ihm ein ebenfalls einatomiges und wie das Argon völlig indifferentes Gas. Ramsay und Travers entdeckten dann in dem von Stickstoff befreiten Argon der Luft noch vier andere sogenannte Edelgase: Helium, Neon, Krypton und Xenon mit den Atomgewichten 4, 20, 82, 128, bei deren Trennung die Abkühlung durch flüssige Luft und flüssigen Wasserstoff die besten Dienste leistete. Helium und ein sechstes Edelgas Niton stehen in einer höchst merkwürdigen genetischen Beziehung zu dem am besten untersuchten der sogenannten radioaktiven Elemente, dem Radium selbst. Mit dem Helium beginnend ist nunmehr in ihm, dem Neon, Argon, Krypton, Xenon und Niton eine Reihe chemisch indifferenter, einatomiger miteinander verwandter Elemente bekannt geworden, die nullwertig sind.

Die radioaktiven Elemente.

Den Anstoß zur Entdeckung der radioaktiven Elemente gab die Auffindung der X-Strahlen durch Wilhelm Röntgen 1895. Bei der Untersuchung der fluoreszierenden Uransalze auf etwa vorhandene unsichtbare Strahlen fand Henri Becquerel in Paris 1896, daß sie eine Strahlenart aussenden, die er Uranstrahlen nannte, die durch lichtundurchlässiges Papier, selbst durch dünne Metallplättchen auf die photographische Platte einwirken, Baryumplatinzyanür zum Phosphoreszieren bringen und Luft elektrisch leitend machen, d. h. ionisieren, worauf eine Methode zur Messung der Intensität der Strahlen gegründet werden konnte. Frau Sklodowska Curie in Paris fand 1898, daß neben Uran – auch die Thorverbindungen diese Eigenschaft besitzen, für die sie den Ausdruck „Radioaktivität“ einführte. Unabhängig davon entdeckte G. C. Schmidt in Erlangen gleichzeitig die Radioaktivität des Thors. Die beiden radioaktiven Elemente Uranium und Thorium haben die höchsten Atomgewichte, Uran 238,5 und Thorium 232,4. Aus großen Mengen der besonders stark radioaktiven Pechblende aus dem Bergwerk

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1298. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/169&oldid=- (Version vom 20.8.2021)