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dem vorangegangenen Vierteljahrhundert auch bereits kollegial organisierte Messungsarbeit im Gebiet der Fixsternwelt hat in unserm Vierteljahrhundert ebenfalls eine Epoche zu verzeichnen, bei welcher deutsche Mitarbeit von besonderer Bedeutung gewesen ist. Die von der Internationalen Astronomischen Gesellschaft organisierte Orts- und Helligkeitsbestimmung von nahezu 200 000 Fixsternen bis zu der neunten Größe hat nämlich in dieser Zeit einen, kompetentest geordneten, Abschluß gefunden, und zwar durch die Vollendung, welche der Leiter jenes so wertvollen Beobachtungsunternehmens, von Auwers, – zugleich der Begründer der unter der Ägide der Berliner Akademie der Wissenschaften ins Leben gerufene Arbeitsorganisation zur „Geschichte des Fixsternhimmels“ – seinen großen Arbeiten in dem neuen fundamentalen Sternkatalog des von dem Recheninstitut herausgegebenen Berliner astronomischen Jahrbuches gegeben hat. Auf diese Erforschungen der Fixsternwelt kommt unsere Betrachtung weiterhin zurück.

Die kleinen Planeten. Das Berliner Rechen-Institut. Die „Astronomischen Nachrichten“.

Als ein überwiegend deutsches Arbeitsgebiet kann man sodann in unserm Vierteljahrhundert die sogenannten kleinen Planeten bezeichnen, deren Bahnen den Raum zwischen der Marsbahn und der Jupiterbahn einnehmen, und deren Anzahl jetzt bereits nahezu 750 beträgt. Bei der Auffindung und Verfolgung dieser kleinen Himmelskörper hat gegenwärtig die Sternwarte zu Heidelberg und ihr Direktor Max Wolf die Führung, und die Bahnen der neu aufgefundenen Planeten werden meistens von dem Berliner astronomischen Recheninstitut erstmalig berechnet und weiterhin durch periodische Vorausberechnungen im Berliner Jahrbuch beständig unter Kontrolle gehalten.

Eine noch vollständigere Organisation dieses Gebietes der astronomischen Forschung hinsichtlich der Beobachtung und der Berechnung ist im Werden. Wertvolle theoretische und rechnerische Mitarbeit wird dabei jetzt schon innerhalb der wissenschaftlichen Institutionen in Frankfurt am Main durch Brendel gewährt. Die umfassende und möglichst vollständige Beherrschung dieser Planetenscharen kann schließlich eminente Bedeutung erlangen für die Entwickelung von Theorie und rechnerischer Kunst, sowie für die gründliche Erforschung unsere ganzen Planetensystems und auch der Sternenwelt. Schon jetzt haben uns diese Scharen von Bahnen ein Himmelskörperchen, den Eros, von Witt auf der Berliner Urania-Sternwarte entdeckt, geliefert, der uns so nahe kommen kann, daß er uns für alle Vergleichungen der Messungen auf Erden mit denjenigen in den Himmelsräumen genaueren Anhalt darbietet, als wir bis jetzt besaßen.

Von dem Berliner astronomischen Recheninstitut ist auch die Fortführung des von Wislicenus (Straßburg) mit dem Jahrgang 1899 begründeten „Astronomischen Jahresberichtes“, nach dem Tode des Begründers, übernommen worden, und zwar anfangs durch den Mitarbeiter des Instituts, Berberich, neuerdings aber durch das Institut selbst unter der Führung seines Direktors Fritz Cohn. Dieser Jahresbericht, der die astronomische Tätigkeit und Literatur aller Länder umfaßt, wird seit dem vorigem Jahre von der Seite der unmittelbarer und schleuniger interessierenden Mitteilungen von Beobachtungsergebnissen und Berechnungen ergänzt durch die „Literarische Beilage“,

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/135&oldid=- (Version vom 20.8.2021)