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wie den Gedanken an eine Neuentstehung von Materie und von Energie; er glaubt, daß der uns leer erscheinende Weltraum von überaus kleinen Keimen von Lebewesen erfüllt sei, die durch den im Raume herrschenden Strahlungsdruck bald diesem, bald jenem Planeten zugetrieben werden, um sich hier, z. B. auf unserer Erde, zur Fülle der Pflanzen und Tiere zu entwickeln, die wir kennen. Die Bildung der Himmelskörper selbst erscheint ihm gewissermaßen in der Form von Pendelschwingungen, in denen Weltkörper entstehen und wieder zugrunde gehen, ohne daß ein zeitlicher Anfang und ein zeitliches Ende dieser Prozesse abzusehen wäre. Dabei sollen sich Sonnensysteme aus Nebelflecken bilden, Nebelflecken aber wiederum durch den Zusammenstoß von Sonnen entstehen, so daß sich fortgesetzt eine Umlagerung vom Nebelfleck zum Sonnenstadium und umgekehrt vollzieht. Den Zentralkörper eines Nebelflecks soll eine rotierende Gasmasse umlagern, außerhalb deren andere Gaskugeln mit eingeschlossenen Bruchstücken von Himmelskörpern als Anfänge von Planeten um die gleiche Achse rotieren. Die Planeten kühlen sich rascher ab als die Zentralsonne; dabei verdichten sich ihre Gasmassen zu festen Körpern. Es handelt sich nunmehr darum, wie die Nebelflecke und die peripheren Gaskugeln mit ihren darinsteckenden Kernen entstanden sind. Von Zeit zu Zeit prallen zwei Fixsterne in ihrem Lauf aufeinander; dabei explodiert ihre Substanz zu jenen wolkenartigen Anhäufungen von Materie, die man Nebelflecke nennt, und die tatsächlich im Weltraume sehr verbreitet sind. Weil alle Sonnen viel staubförmige Materie abstoßen, werden durch diese die Nebelflecke vergrößert; außerdem sollen Meteoriten durch Zusammenballen solchen kosmischen Staubes entstehen. Indem in einen Nebelfleck größere Meteoriten eindringen, können sie zu Anfängen neuer Sterne werden. Vermutlich zieht sich ein solcher Nebelfleck um einen festen Kern zusammen und steigert dabei allmählich seine Temperatur, bis er sich in einen Stern verwandelt. Nach und nach nimmt der neue Stern die Eigenschaften unsrer Sonne an; wenn dann Meteoriten bzw. Kometen in die äußeren Teile des Nebels einwandern, können sie darin die Keime von Planeten und von Monden werden. Durch den Zusammenstoß mit den ihnen entgegenstehenden Gasmassen erhalten sie ihre kreisende Bewegung um die Drehungsachse des Nebels. Einen Anfang und ein Ende der kosmischen Umbildungen gibt es nicht; denn die pendelnde Bewegung vom Sonnenstadium zum Nebelfleck und umgekehrt wiederholt sich rhythmisch. „Durch solche Prozesse kann das Uhrwerk des Weltsystems fortwährend in Gang erhalten werden, ohne daß es abläuft.“ – Mit den Energiegesetzen sucht Arrhenius sich durch die Annahme abzufinden, daß der Arbeitswert der Energie abwechselnd verringert wird bei Himmelskörpern, die sich im Sonnenstadium befinden, dagegen vergrößert wird bei solchen, die dem Nebelfleckstadium angehören. Das System der Sternenwelt wäre somit ein Perpetuum mobile in des Wortes klarster Bedeutung. – Die ersten Keime von Lebewesen, die unsre Erde bevölkerten, sollen von den Planeten ferner Sonnensysteme stammende kleine Zellen von etwa 0,00016 mm Durchmesser sein, die durch den im Weltraum herrschenden Strahlungsdruck der Erde zugetrieben wurden.

Man sieht, der Autor dieser Kosmogonie schweift unausgesetzt aus dem Gebiete exakter Naturforschung in das der spekulativen Naturphilosophie hinüber, zum Teil in den weitestgehenden Hypothesen; selbst daß er mit einem der anerkanntesten Grundsätze

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/110&oldid=- (Version vom 28.9.2021)