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des beim Betriebe des Ofens auftretenden Rauches und der Funken getroffen. Die Beschickung des Kupolofens ist durch mechanische Vorrichtungen wesentlich vereinfacht worden, auch das Brechen der zu verschmelzenden Roheisenmasseln geschieht auf maschinellem Wege rascher und müheloser als von Hand. Das Gattieren der verschiedenen zur Verschmelzung gelangenden Roheisensorten erfolgt heute auf den größeren Werken nach wissenschaftlichen Grundsätzen. Zur Aufbereitung des Formsandes sind zweckendsprechende Vorrichtungen eingeführt worden, auf einigen Werken geschieht dieselbe vollständig automatisch. Das Trocknen der in der Gießereisohle hergestellten Formen geschieht durch transportable Öfen mit Halbgasfeuerung, die durch Unterwind betrieben werden. Zum Beheizen der Trockenkammern ist an einigen Stellen Generatorgas und zum Teil Hochofengas in Aufnahme gekommen. Das Stampfen der Formen wie auch das Putzen der Gußstücke geschieht zum Teil durch Druckluftwerkzeuge. Die Gußputzerei ist ferner durch die Einführung des Sandstrahlgebläses wesentlich vereinfacht worden. In der Konstruktion der Formmaschinen sind vielfache Verbesserungen aufgekommen, wodurch die Formarbeit verbilligt wird. Ein Hauptfaktor der Produktionsvermehrung der Gießereien ist die Anwendung schnell laufender, elektrisch betriebener, den einzelnen Arbeitsvorgängen angepaßter Hebezeuge. In der Stahlformgießerei wird neben dem sauer zugestellten Martinofen namentlich zur Herstellung größerer Gußstücke der basisch ausgefütterte Ofen verwendet. Auch der Elektrostahlofen hat sich als Schmelzapparat für die Herstellung kleiner Gußstücke sehr bewährt. Mitisguß, Reformguß, Meteorguß usw. besteht aus weichem, schmiedbarem Eisen, das in Koksschachttiegelöfen geschmolzen wird.

In der Metallgießerei und zum Teil auch in der Tempergießerei sind mit Öl geheizte Tiegel und Flammöfen in Aufnahme gekommen. Für die Automobilindustrie und Luftschiffahrt werden seit etwa 15 Jahren in Sand gegossene Gußstücke aus Aluminiumlegierungen hergestellt.

Formgebung durch Schmieden und Walzen.

Beim Gießen schwerer Blöcke, wie sie z. B. für das Ausschmieden von Schiffswellen benötigt werden, treten große Schwindungshohlräume auf, die durch besondere Vorrichtungen beseitigt werden müssen. Dies kann entweder auf thermischem Wege nach den Verfahren von Riemer und Beikirch und mittels Thermit nach Goldschmidt oder auf mechanischem Wege durch Pressen geschehen. Zur weiteren Verarbeitung müssen die erkalteten Gußblöcke auf helle Rotglut erhitzt werden. Früher geschah dies in einfachen, mit Planrostfeuerungen versehenen Flammöfen, sog. Schweißöfen. Heute benützt man hierfür in der Regel Öfen mit Halbgas- oder Generatorgasfeuerung, zum Teil unter Anwendung des Regenerativ- oder Rekuperativsystems. In den Öfen, die eine geneigte Herdsohle besitzen, den sog. Rollöfen und Stoßöfen, werden die zu erwärmenden Blöcke nach dem Gegenstromprinzip der heißesten Stelle des Ofens allmählich entgegengeführt. Auf größeren Werken werden die Blöcke unmittelbar nach dem Gießen in sog. Ausgleichgruben gesetzt, die von dem Engländer Gjers erfunden sind, um eine gleichmäßige Temperatur des ganzen Blockquerschnittes herbeizuführen. In

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 536. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/99&oldid=- (Version vom 20.8.2021)