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Staubbildung überhaupt zu verhüten, hat an vielen Orten gute Erfolge erzielt und sogar stellenweise zu einem Ersatze der Sprengarbeit geführt, indem man dem Druckwasser die Arbeit des Loslösens und Auflockerns der Kohle überläßt, die dann nach erfolgter Durchtränkung bequem mit der Keilhaue hereingewonnen werden kann, ohne Staubbildung zu verursachen. Auch zum Löschen von Grubenbränden ist dieses Stoßtränken mit Erfolg angewendet worden. Indes werden die meist durch Selbstentzündung auftretenden Grubenbrände in absehbarer Zeit wohl vollständig verschwunden sein, da die allgemeine Einführung des Spülversatzes eine Selbstentzündung der Kohle überhaupt unmöglich machen wird.

Nachdem die Entzündung schlagender Wetter durch das Geleucht des Bergmannes mit Hilfe der Davyschen Sicherheitslampe schon erheblich eingeschränkt worden war, wurde diese Sicherheit der Lampen durch die anfangs der 90er Jahre von Wolff eingeführte innere Zündung der Lampe und seinen Magnetverschluß wesentlich erhöht. Eine weitere Verbesserung haben die Lampen in den allerletzten Jahren durch die Erfindung und Einführung der Metallfunkenzündung und durch elektromagnetische Verschlüsse erfahren.

Infolge dieser Sicherheitsmaßregeln haben die Unfälle durch Schlagwetter- und Kohlenstaubexplosionen erheblich abgenommen, wie die nachstehenden Zahlen beweisen:

Auf einen durch Schlagwetterexplosionen zu Tode gekommenen Bergmann entfiel in Preußen eine Förderung von:

539 623 t im Durchschnitt der Jahre 1881–1890,
1 100 810 t im Durchschnitt der Jahre 1891–1900,
1 769 716 t im Durchschnitt der Jahre 1901–1910,

so daß sich die Sicherheit gegen schlagende Wetter verdreifacht hat, trotzdem die Steinkohlengruben in den letzten Jahren bedeutend tiefer und gefährlicher geworden sind.

Um für den Fall einer Explosion möglichst schnell Hilfe leisten zu können, ist auf den Gruben jetzt allgemein ein Sicherheitsdienst eingerichtet worden. Es werden aus den Arbeitern Mannschaften im Rettungswesen ausgebildet und mit der Handhabung von Atmungs- und Rettungsapparaten, die ein Eindringen in giftige Gase gestatten, gründlich vertraut gemacht, so daß im Falle einer Explosion immer eine geschulte Mannschaft vorhanden ist, die schnell in die Grube einzudringen, die Verunglückten zu retten und die durch Explosion meist gestörte Wetterführung wieder instand zu setzen vermag.

Durch Herstellung von besonders bewetterten Rettungskammern unter Tage sucht man außerdem den Bergleuten bei Explosionen vor den giftigen Nachschwaden einen sicheren Zufluchtsort zu bieten, in den sie sich bei Zerstörung der Fluchtwege zurückziehen und wo sie sich bis zur Herstellung der Wetterführung oder bis zur Ankunft der Rettungsmannschaften aufhalten können.

Zur ersten Hilfeleistung sind ferner auf den größeren Zechen Heilgehilfen vorhanden, welche die ersten Verbände anlegen und Wiederbelebungsversuche anstellen. Zu letzteren eignet sich besonders der Pulmotor des Drägerwerkes, bei dem künstlich Sauerstoff in die

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 519. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/82&oldid=- (Version vom 20.8.2021)