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Fortbildungsschulen der Stadt München, an denen der praktische Unterricht nicht nur den Zweck hat, die Ausbildung in der Meisterlehre, wo sie mangelhaft ist, zu ergänzen, sondern besonders dazu dient, in der Form der gemeinsamen Arbeit die erzieherischen Aufgaben der Fortbildungsschule zu fördern.

Ungelernte Arbeiter.

Besondere Schwierigkeiten bietet die Aufstellung von Lehrplänen für die Klassen der ungelernten Arbeiter. Hierzu fehlt der Mittelpunkt eines bestimmten Berufes, den die Schüler ergriffen haben, um ihm für ihr weiteres Leben treu zu bleiben. An die Stelle der Fachkunde müssen deshalb Belehrungen über die gesetzliche Ordnung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse treten, in denen die Schüler stehen. Diese jungen Leute sind außerdem, da sie die Arbeitsstätte oft wechseln und der erziehliche Einfluß einer geordneten Lehre fehlt, ein recht unstetes Element. Um so dringlicher tritt an die Fortbildungsschule die Aufgabe heran, sie durch Belehrung und Erziehung auf den Weg einer vernünftigen Lebensführung leiten.

Ersatzschulen.

Einen Ersatz für die Pflichtschulen bilden in nicht seltenen Fällen Schulen, die von gewerblichen Unternehmern für ihre Arbeiter eingerichtet werden. Der Unterricht wird dann in der Regel in den Fabrikräumen und zum Teil von Angestellten des Werkes erteilt. Die Einrichtung bietet den Vorteil, daß die Zeit für die Schulwege gespart und die Belehrungen in die engste Beziehung zu der Tätigkeit der Schüler gebracht werden können.

In beschränkter Zahl haben auch die Innungen Schulen für die ihr angehörigen Lehrlinge errichtet. Ihnen fällt meist die Aufgabe zu, den Unterricht in der Fortbildungsschule nach der praktischen Seite hin zu ergänzen, seltener übernehmen sie die Aufgaben der Fortbildungsschule in ganzem Umfange.

Lehrpläne der kaufmännischen Fortbildungsschulen.

Bei den kaufmännischen Fortbildungsschulen nimmt die Stelle, die bei den gewerblichen Schulen die Fachkunde beansprucht, die Handelskunde ein. Der kaufmännische Briefwechsel wird geübt mit den dazugehörigen sachlichen Belehrungen aus dem Gebiete des Handelsrechts, der Wechsel- und Scheckkunde, des Verkehrswesens und des Bankwesens. Der Rechenunterricht tritt in ähnlicher Weise wie bei den gewerblichen Fortbildungsschulen ergänzend zur Fachkunde hinzu. Zugleich aber soll er die Schüler auch zur sicheren Beherrschung der dem kaufmännischen Berufe eigenen Rechnungsarten, wie der Prozent-, Zins-, Diskont-, Terminrechnung, der Warenrechnung, Kontokorrent, Effekten- und Devisenrechnung führen. Der Unterricht in der Buchführung erstreckt sich auf die einfache und die doppelte Buchführung bis zur Anfertigung einfacher Abschlüsse. Hinzu kommt ein beschränkter Unterricht in der Wirtschaftsgeographie, und die bürgerkundlichen Belehrungen nehmen denselben Platz ein wie bei den gewerblichen Fortbildungsschulen. Im Bedarfsfalle wird Unterricht im Schönschreiben, in Kurzschrift

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/699&oldid=- (Version vom 20.8.2021)