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gebracht werden. Zieht man nur die Stellen der das volle Diensteinkommen genießenden, also mindestens vier Jahre im öffentlichen Schuldienst befindlichen Lehrpersonen in Betracht, so betrug das Durchschnittseinkommen

      1901       1911
des Schulleiters mit Kirchendienst 2729 M. 3939 M.
des Schulleiters ohne Kirchendienst 3148 M. 4251 M.
der sonstigen Inhaber vereinigter Kirchen- und Schulstellen 2074 M. 3134 M.
der Lehrer ohne Kirchendienst 1972 M. 2836 M.
der wissenschaftlichen Lehrerin 1609 M. 2058 M.
der technischen Lehrerin 1269 M. 1803 M.

Ferner mag darauf hingewiesen werden, daß die Mietentschädigung, abweichend von dem sonstigen Beamtenrecht in Preußen, für unverheiratete und für jüngere Lehrer und für Lehrerinnen in der Regel um ⅓ gekürzt wird. Voraussichtlich wird die Zukunft die hierin liegenden sozialen Gedanken weiter dahin ausgestalten, daß ein Unterschied zu machen ist zwischen der Besoldung verheirateter und unverheirateter Beamten, zwischen kinderreichen und kinderlosen Familien.

Das Besoldungssystem ist schon jetzt von sozialen Gesichtspunkten beherrscht, im Gegensatz zu früheren Zeiten. Es gewährt nicht Lohn, der mit der Leistung aufhört, sondern Versorgung für verschiedene Fälle. Das ist zwar bei den unmittelbaren Staatsbeamten schon lange durchgeführt, für die Volksschullehrerschaft aber erst im letzten Vierteljahrhundert. Das Volksschullehrerpensionsgesetz von 1885 sah noch die Heranziehung des Stelleneinkommens zur Aufbringung der Pension vor; erst das Ruhegehaltskassengesetz von 1893 hat das beseitigt. Nachdem die unmittelbaren Staatsbeamten 1888 von der Entrichtung von Witwen- und Waisenkassenbeiträgen befreit worden sind, wurde 1889 auch den zu Elementarlehrer-Witwen- und -Waisenkassen gehörenden Lehrern Befreiung von den Jahresbeiträgen, Antritts- und Gehaltsverbesserungsgeldern zugestanden. Der den Kassen erwachsende Ausfall wurde von der Staatskasse getragen. Damit waren die Kassen im wesentlichen aus Versicherungsanstalten der Beteiligten zu öffentlichen Fürsorgeanstalten geworden. Aber die Witwenpension betrug nur erst 250 M.; sie war für die Waisen mitbestimmt. 1890 wurde auch für die Lehrer ein Waisengeld von 50 M. für die Halb-, von 84 M. für die Ganzwaisen eingeführt. Und das Gesetz von 1899 regelte die Witwen- und Waisenversorgung der Volksschullehrer nach den für die unmittelbaren Staatsbeamten geltenden Normen, unter denen die wichtigste die ist, daß ihre Höhe nicht mehr fest ist, sondern nach dem jeweiligen Ruhegehaltsanspruch des Verstorbenen bemessen wird. Gesetze vom Jahre 1907 brachten das Lehrerpensionsgesetz von 1885 und das Lehrerhinterbliebenengesetz von 1899 in Übereinstimmung mit den Vorteilen, welche Gesetze vom gleichen Jahre den unmittelbaren Staatsbeamten gewährten. Die Altpensionäre der Volksschullehrerschaft sind in Rücksicht auf die frühere Niedrigkeit ihrer Pensionen mit Unterstützungen verhältnismäßig reichlich bedacht; allerdings ist ihr Wunsch, daß von der Prüfung der Bedürfnisfrage abgesehen wird, ebensowenig wie bei anderen Altpensionären, erfüllt worden. Aber es sind Bestimmungen getroffen, um diese Prüfung so schonend als möglich zu gestalten.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/684&oldid=- (Version vom 31.7.2018)