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(1888: 105, 1913: 183) erhöht worden und dieser Zweck ist jetzt erreicht. Durch die Lehrpläne von 1901 ist eine organische Vereinigung der Lehrstoffe der Präparandenanstalt und des Seminars herbeigeführt, der zum Abschluß nur noch die äußere Vereinigung der Anstalten fehlt. Die Lehrziele sind erhöht worden; die französische Sprache ist 1901 als Pflichtfach eingeführt. Der Präparandenanstalt ist mehr und mehr der Abschluß des allgemeinen Wissens, den beiden unteren Seminarklassen des Fachwissens, der obersten die praktische Berufsausbildung zugewiesen worden. Voraussichtlich wird eine Fortentwicklung in dieser Richtung die nächste Reform des Seminarlehrplanes ausmachen. Das Prüfungswesen erhielt 1901 eine Umgestaltung nach der Berufsvorbereitung hin, eine weitere 1912 durch die Verlegung der zweiten, der endgültigen Anstellung vorhergehenden Lehrerprüfung an den Ort der Wirksamkeit des Lehrers und durch Einführung der Abschlußprüfung an den wissenschaftlichen Kursen zur Ausbildung von Seminarlehrern in Berlin, Posen und Münster. Hier aber ist vieles noch in Fluß und harrt der Ausgestaltung. Im Königreich Sachsen, in Hessen, Bayern, Württemberg und in einigen kleineren deutschen Staaten hat man ausgewählten Volksschullehrern die Universität eröffnet. Die preußische Unterrichtsverwaltung hat sich diesem Vorgehen nicht angeschlossen und ist auch darin dem sozialen Grundzuge der Gesetzgebung gefolgt, daß sie die höhere Laufbahn auch unbemittelten Volksschullehrern, die die Kosten des Universitätsbesuches nicht aufbringen können, durch Zulassung zu den obengenannten wissenschaftlichen Kursen eröffnet hat.

Lehrerinnenbildung.

Die Lehrerinnenbildung ist in ganz neue Bahnen gelenkt worden; 1911 ist die Ausbildung und Prüfung der Volksschullehrerinnen von der der Lehrerinnen an mittleren und höheren Mädchenschulen vollständig getrennt worden, ohne aber den letztgenannten Lehrerinnen die Befähigung zum Unterricht an Volksschulen abzusprechen. Bis zum Jahre 1900 gab es nur fünf staatliche Seminare zur Ausbildung von Volksschullehrerinnen, darunter vier katholische. Seit 1900 sind dann in allen Provinzen, mit Ausnahme von Westpreußen, Pommern und Hannover, noch 13 weitere derartige Seminare gegründet worden, so daß es jetzt zusammen 18 sind. Immer mehr ist die Lehrerinnenbildung den Forderungen der Vertreterinnen der großen Frauenorganisationen entsprechend der Lehrerbildung angeglichen worden. Die Erfahrung wird zeigen, ob das weibliche Geschlecht körperlich und geistig den jetzt gestellten Aufgaben gewachsen ist. Jedenfalls hat die Staatsregierung dem Zuge der Zeit folgend auch hier die bis dahin Schwachen und Bedrängten in ihrem Aufwärtsstreben gestützt und gefördert.

Anstellung.

Die Anstellung der Volksschullehrer ist, allerdings nur provisorisch, durch das Volksschulunterhaltungsgesetz (1906) grundsätzlich geändert worden. Unter Aufhebung aller Schulpatronatsrechte, auch des dem Staate für mehr als 40 000 Stellen zustehenden unbeschränkten Anstellungsrechts ist den Schulverbänden die Wahl aus drei von der Regierung präsentierten Personen zugestanden worden, während ältere weitergehende Anstellungsrechte, wie sie namentlich den

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/681&oldid=- (Version vom 31.7.2018)