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kranker Schulkinder und Lehrer, der Wiederzulassung genesener, des Schutzes noch nicht erkrankter, der Schließung und Wiedereröffnung der Schulen ist zweckmäßig geordnet. Der Impfzwang wird peinlich durchgeführt und die Lehrer sind gehalten, dabei mitzuwirken.

Ärztliche Untersuchungen.

Vor etwa dreißig Jahren hat man angefangen, den körperlichen Zustand ganzer Schulklassen und Schulen ärztlich zu untersuchen. Zuerst begann man mit Augenuntersuchungen. Dann schritt man fort zu Untersuchungen bezüglich der Skoliose. Es erregte zuerst einiges Befremden, daß man diese Untersuchungen vornahm, ohne vorher die Eltern zu befragen, und es ging nicht ohne Mißgriffe ab. Die Bevölkerung gewöhnte sich aber allmählich an diesen neuen Eingriff der Verwaltung in das Familienleben, der sich nur rechtfertigen ließ mit dem alles beherrschenden Grundzug der sozialen Fürsorge für die Hilfsbedürftigen. Wurde auch von den untersuchenden Ärzten nicht die Heilung, soweit sie überhaupt möglich war, eingeleitet, so wurden doch Eltern, die niemals an die körperliche Untersuchung ihrer Kinder gedacht hätten, auf Fehler und Gebrechen derselben aufmerksam gemacht, und sicherlich ist in vielen Fällen darnach ärztliche Behandlung eingeleitet worden. Die Schulverwaltung aber erhielt wertvolle Anregungen für allgemeine hygienische Maßregeln, namentlich solcher vorbeugender Art. In manchen Städten wurden unentgeltliche orthopädische Turnkurse eingerichtet und vereinzelt sind Waldschulen für schwächliche Großstadtkinder gegründet worden. In der Regierungszeit Kaiser Wilhelms II. ist die körperliche Untersuchung der Schulkinder systematisch durchgeführt worden. Durch die Dienstanweisung für die Kreisärzte (1901) ist eine regelmäßige, in fünfjährigem Wechsel wiederkehrende gründliche hygienische Untersuchung aller Schulen und damit verbunden eine körperliche Untersuchung aller Schulkinder in Preußen eingeführt. Aber es ist klar, daß eine solche nur alle fünf Jahre wiederkehrende Untersuchung nicht ausreicht. Darum sind viele Städte und neuerdings auch Kreisverwaltungen dazu übergegangen, besondere Schulärzte anzustellen. Das wird zur Aufdeckung mancherlei gesundheitlicher Schäden sowohl der Schulräumlichkeiten, wie der Schulkinder führen. Auch die Zahnpflege ist neuerdings in ihrer Bedeutung erkannt worden, und hat, wenn auch erst vereinzelt, amtliche Einführung in den Schulen gefunden. Zu diesen Maßregeln auf dem ärztlichen Gebiete tritt die bessere Ausbildung der Lehrer in der Gesundheitslehre, die mit den neuen Seminarlehrplänen von 1901 eingesetzt hat. Die Seminaristen erhalten jetzt hygienischen Unterricht, sie werden im Samariterdienst ausgebildet und sind befähigt, bei Unglücksfällen die erste Hilfe zu leisten. In einzelnen Provinzen (Ostpreußen, Hannover) ist es auch gelungen, Lehrer, welche nicht mit der Waffe zu dienen verpflichtet sind, zu Kriegshelfern für den Sanitätsdienst auszubilden.

Entlastung der minder Leistungsfähigen.

Wir gehen nun dazu über, darzustellen, was in wirtschaftlicher Hinsicht zur Entlastung der minder Leistungsfähigen auf dem Volksschulgebiet unter Wilhelm II. geschehen ist. Die Aufwendungen für die öffentlichen Volksschulen in Preußen

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/675&oldid=- (Version vom 31.7.2018)