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der Baustoffe auf ihre Festigkeitseigenschaften, auch vereinzelt Laboratorien für Wasserbau, Institute für Geodäsie und Photographie oder für Luftschiffahrtsversuche sind als Sonderbauten errichtet worden und bedecken nicht mehr nur einen Bauplatz, sondern ein ansehnliches Gelände.

Aber diese äußeren Erweiterungen sind die Anzeichen des inneren Umbaues. Weil nicht mehr wie früher die Maschine nur am Reißbrett entworfen, sondern in ihren Lebensäußerungen, wie sie sich in den Energieumsätzen während des Betriebes zeigen, studiert werden soll, sind die Maschinenlaboratorien entstanden; die neuen Baustoffe, alle die neuen Ansätze technischer Entwickelung veranlassen Lehrer und Schüler zu vergleichenden experimentellen Studien.

Und gerade in dieser Richtung ergab sich ein schönes Ineinandergreifen des für die innere Entwicklung Erforderlichen und des großherzigen Aktes der Verleihung des Doktortitels. Die schönste Frucht dieses Titels ist die Arbeit, die er wachgerufen hat; eine Reihe von Experimentaluntersuchungen technisch wichtiger Vorgänge ist in der Form von Doktorarbeiten durchgeführt worden, die kaum anders als in jenen, auf wissenschaftliche Ausnutzung angelegten akademischen Instituten unternommen werden konnten.

Besuch der Hochschulen.

Daß der gesamten Kulturentwicklung, die wir hier geschildert haben, in wachsendem Maße die Volkskraft zuströmte, erscheint beinahe selbstverständlich. Die wachsende Zahl der Studierenden der Technik führte zur Begründung zweier neuen technischen Hochschulen in den östlichen Provinzen Preußens, die bisher nur in Berlin-Charlottenburg ihrer Jugend eine Stätte höherer technischer Ausbildung geboten hatten. Im Jahre 1904 wurde die technische Hochschule in Danzig begründet, die einzige neben Berlin, auf der Schiffbau und Schiffsmaschinenbau durch eine besondere Abteilung vertreten ist. Im Jahre 1910 folgte die Gründung einer technischen Hochschule zu Breslau, die zunächst allerdings noch keine Abteilungen für Hochbau und Ingenieurbau besitzt.

Von dem Anwachsen der deutschen technischen Hochschulen gibt die Zusammenstellung der Besuchsziffern ein ungefähres Bild. Während 1890 die Zahl aller ihrer Besucher rund 5000 betrug, waren 1895 schon 10 000, 1900 bereits 15 000 vorhanden. Die Zahl der Vollstudierenden hält sich seit 1900 auf etwa 11 000, und war vorübergehend nahe 13 000. Die besuchtesten Hochschulen sind München und Berlin, in weitem Abstande von ihnen folgen Karlsruhe, Darmstadt, Dresden, Hannover.

Vorbereitung für das höhere Schulamt.

Die Schilderung des technischen Hochschulwesens würde unvollständig sein, wenn nicht auch der Ausbildung gedacht würde, die Lehrer der höheren Schulen an ihnen finden. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ist mehrfach der Versuch hervorgetreten, an den höheren technischen Lehranstalten auch für die Lehrerbildung zu sorgen. Zunächst handelte es sich darum, Lehrkräfte für technische Schulen aller Art zu bilden und somit an den technischen Hochschulen selbst für den eigenen Nachwuchs zu sorgen, aber auch die Lehrer der realistischen Fächer an den Gymnasien und Realgymnasien

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1070. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/633&oldid=- (Version vom 9.3.2019)