Seite:Deutschland unter Kaiser Wilhelm II Band 2.pdf/61

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ländlichen Molkerei an den Abnehmer in der Großstadt ist nicht mehr möglich. Hier war die Einschiebung einer vermittelnden Stelle nötig, und so entstanden die kleineren und größeren Sammelmolkereien, welche die Milch unmittelbar in den Erzeugungsstätten aufkaufen und an die Bevölkerung abgeben. Da hierdurch die Zeitdauer zwischen Gewinnung und Abgabe der Milch sich unvermeidlicherweise verlängert, so muß die Milch so bald wie möglich nach ihrer Gewinnung oder nach ihrem Eintreffen in der Sammelmolkerei einer Behandlung unterworfen werden, welche sie länger haltbar macht, indem die etwa in ihr enthaltenen Bakterien, soweit dies nötig ist, durch Erhitzen auf bestimmte Wärmegrade abgetötet werden, ohne daß der Nährwert oder die Verdaulichkeit der Milch dadurch beeinträchtigt wird.

Die Lösung dieser Aufgabe war bei den großen hier täglich in Frage kommenden Milchmengen nur möglich durch die in den letzten Jahrzehnten einsetzende technische Vervollkommnung aller Geräte, welche in den Molkereien zur Verwendung gelangen, insonderheit auch durch die Herstellung geeigneter Einrichtungen zum schnellen Erhitzen der Milch auf bestimmte Wärmegrade und von Vorkehrungen zum Abkühlen der Milch.

Bei der großen Wichtigkeit der Milch als Nahrungsmittel wachen auch die Untersuchungsanstalten für Nahrungsmittel sorgfältig darüber, daß die vorstehend angeführten Gesichtspunkte bei der Gewinnung und beim Handel mit Milch beobachtet werden, und daß nicht etwa durch teilweise Entrahmung oder durch Wässerung der Milch oder auf andere Weise der Nährwert und die Bekömmlichkeit der Milch herabgesetzt werden. Seit das Nahrungsmittelgesetz im Jahre 1879 erlassen wurde, hat sich die Überwachung des Nahrungsmittelverkehrs allmählich immer weiter entwickelt und so sind auch die letzten Jahrzehnte für die Überwachung des Milchverkehrs besonders bedeutungsvoll geworden. Wenn auch trotz mancher wiederholt geäußerter Wünsche ein besonderes Reichsgesetz für den Verkehr mit Milch nicht besteht, so sind doch in den verschiedenen Bundesstaaten des Deutschen Reiches landespolizeiliche und ortspolizeiliche Vorschriften nach dieser Richtung erlassen, die sich im allgemeinen auf der gleichen Grundlage bewegen. Ob es in fernerer Zukunft noch einmal zu einem Reichsmilchgesetz kommen wird, bleibt abzuwarten. Nicht aber kann daran gezweifelt werden, daß man sich die sorgfältige Überwachung des Milchverkehrs dauernd angelegen sein lassen wird, damit die Bevölkerung ständig mit diesem wichtigsten Nahrungsmittel so versorgt werden kann, wie die Gesundheitslehre dies nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte verlangt.

Die Butter.

Die Buttergewinnung bildet einen sowohl in landwirtschaftlicher Hinsicht wie auch für die Versorgung der Bevölkerung mit Speisefetten besonders wichtigen Gewerbszweig. Als einziger Rohstoff für die Buttererzeugung dient in Deutschland die Kuhmilch. Daher ist die Buttererzeugung auf das engste mit dem Molkereigewerbe verknüpft und ein wichtiger Teil der landwirtschaftlichen Gewerbe.

Die für die Buttergewinnung nötige Milchmenge wird fast ausschließlich im Inland gewonnen. Daneben findet aber auch noch eine Einfuhr von Butter aus dem Auslande statt. Umgekehrt führt das Deutsche Reich auch seinerseits wieder Butter in das Ausland aus.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 498. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/61&oldid=- (Version vom 20.8.2021)