Seite:Deutschland unter Kaiser Wilhelm II Band 2.pdf/516

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Bauten und Einrichtungen handelt, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ausgeführt sind.

Zwischenstaatliche Verbände.

Für die großen gemeinsamen Ströme Rhein, Weser und Elbe sind im Gesetze zwischenstaatliche Verbände gebildet worden, die Schiffahrtsabgaben nach vorgeschriebenen Normalsätzen erheben und den Ertrag für die Durchführung eines ebenfalls festgestellten Strombauprogrammes verwenden sollen. Hiernach wird künftig für den Ausbau dieser drei Stromsysteme nicht nur die Steuerkraft der Einzelstaaten, in derem Gebiet eine zur Schiffbarmachung geeignete oder der Verbesserung bedürftige Stromstrecke liegt, sondern die Gesamtheit der aus den Schiffahrtsabgaben fließenden, von dem Verkehr des ganzen Stromgebietes aufgebrachten Mittel zur Verfügung stehen. Eine solche Regelung rechtfertigt sich deshalb, weil die Schiffahrt eines zusammenhängenden Wasserstraßennetzes ein gemeinsames Interesse an dessen Erweiterung und Verbesserung hat. Sie entspricht aber auch den Interessen der weniger steuerkräftigen Bundesstaaten, die den Ausbau ihrer Anteile an gemeinsamen Wasserstraßen erstreben, ohne daß sie bisher die erforderlichen Mittel aus eigener Kraft aufbringen konnten.

Kostenbeiträge der Anlieger. Ertragsbürgschaften.

Abgesehen von der Erhebung von Schiffahrtsabgaben sind die nächstbeteiligten Kreise auch insofern zur Kostendeckung für neue Wasserstraßen und Häfen und für die Verbesserung solcher Anlagen herangezogen worden, als man von ihnen entweder Kapitalbeiträge oder Bürgschaften dafür verlangt hat, daß die aufkommenden Schiffahrtsabgaben einen angemessenen Teil der Selbstkosten decken würden. Bei den früheren Bauten, insbesondere bei dem Dortmund-Emskanal, bei der Kanalisierung der Oder oberhalb der Neißemündung, bei der Herstellung des Großschiffahrtsweges durch Berlin und bei der Fuldakanalisierung, hat man die Methode der Kostenbeiträge angewendet, während man später mehr zum System der Ertragsbürgschaft aus Schiffahrtsabgaben überging. Beide Methoden haben den Vorteil gemeinsam, daß sie gegen über dem Drängen beteiligter Kreise auf Herstellung von Schiffahrtsverbesserungen einen Prüfstein für die Ernstlichkeit der behaupteten wirtschaftlichen Interessen abgeben; die letztere – die Ertragsbürgschaft – bietet aber außerdem den Nutzen, daß der Widerstand gegen die Erhebung angemessener Abgabensätze, der sich sonst nach Fertigstellung einer Schiffahrtsanlage zu zeigen pflegt, ein entsprechendes Gegengewicht findet und eine Abschwächung erleidet.

Der verlangte Kostenbeitrag bestand bei dem Dortmund-Emskanal und der oberen Oder in der Beschaffung des Grund und Bodens, sonst in Geld. Die Stadt Berlin hatte z. B. für den Ausbau der Spree auf Grund des Gesetzes vom 6. Juni 1888 einen Kostenbeitrag von 3,2 Mill. M. deshalb zu zahlen, weil die dadurch herbeigeführte Erniedrigung des Hochwasserspiegels ihre Brückenbaulast erleichterte und die gesundheitlichen Verhältnisse infolge einer Senkung des Grundwasserspiegels sich besserten.

Das System der Ertragsbürgschaft kam zuerst bei dem Bau des Königsberger Seekanals

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 953. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/516&oldid=- (Version vom 20.8.2021)