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für die erste Einrichtung des staatlichen Schleppbetriebes verfügbar macht, geregelt. Dabei ist hinsichtlich desjenigen Verkehrs, der nur im Zuge des jetzigen Dortmund-Emskanals sich bewegt, ohne auf die neuen Kanalstrecken des Wasserstraßengesetzes vom 1. April 1905 überzugreifen, eine Befreiung vom Schleppmonopol für die nächsten 15 Jahre vorgesehen worden, so daß auf der im Zuge des Rhein-Weserkanals liegenden älteren Kanalstrecke Herne-Bevergern ein monopolpflichtiger und ein monopolfreier Verkehr nebeneinander hergehen wird.

Gründe dafür.

Die inneren Gründe, welche bei den Regierungen und Volksvertretungen zur staatlichen Beteiligung am Schiffahrtsbetriebe durch Übernahme von Schleppleistungen, also durch Gestellung der bewegenden Kraft mit mehr oder weniger weitgehendem Ausschlusse des privaten Wettbewerbes geführt haben, liegen auf verschiedenen Gebieten.

Es war einerseits das allgemeine Bestreben, die Schiffahrt dadurch zu fördern und zu erleichtern, daß man ihr eine Beförderungsanstalt zur Verfügung stellte, deren Preise durch einen öffentlichen Tarif ein für allemal geregelt waren und für jedermann gleichmäßig galten. Dieses Moment war namentlich bei Einrichtung des Kettenschleppdienstes auf dem Main bestimmend, wo die Schiffahrt einer solchen Anregung und Erleichterung bedürftig schien.

Andererseits kamen aber auch betriebstechnische Gründe in Betracht, die namentlich für Kanäle eine große Bedeutung haben. Wenn der Eigentümer oder Verwalter der Wasserstraße die Fortbewegung der Schiffe selbst in der Hand hat, so kann er bis zu einem gewissen Grade auf die Regelmäßigkeit des Verkehrs einwirken, Verkehrsstopfungen an Schleusen verhüten, für das Zusammentreffen von Schleusungen und Gegenschleusungen sorgen und hiermit – was bei schwieriger Beschaffung des Kanalspeisungswassers wichtig ist – auf die sparsame Verwendung dieser Wasservorräte einwirken. Eine derartig planmäßige Leitung des Betriebes, in ähnlicher Weise wie bei einer Eisenbahn, ist sehr geeignet zur Steigerung der Leistungsfähigkeit einer Wasserstraße, zur Erhöhung ihrer Ausnutzung über das bei ungeregeltem Betriebe erreichbare Maß. Eine Wasserstraße von gegebenen Einrichtungen und Abmessungen kann also für eine bestimmte Verkehrsmenge bei einem durch Schleppmonopol geregelten Betriebe ausreichend sein, während sie ohne solchen Betrieb unzulänglich wäre, oder mit anderen Worten: durch den geregelten Betrieb kann an den Baukosten gespart werden. Das letztere gilt aber auch von den Unterhaltungskosten, weil der Kanaleigentümer die Betriebsmittel so auswählen und benutzen kann, daß sie den Kanalkörper möglichst wenig beschädigen. Ein besonders deutliches Beispiel hierfür ist der Teltowkanal, für den der elektrische Schleppzug vom Ufer gerade deshalb gewählt worden ist, weil man die größeren Bau- und Unterhaltungskosten ersparen wollte, die bei Zulassung des allgemeinen Verkehrs mit Schlepp- und Güterdampfern erforderlich gewesen wären; durch Ausschließung dieses Verkehrs werden die Beschädigungen vermieden, die an der Sohle eines Kanals durch die von den Schraubenbewegungen ausgehenden Wasserwirbel entstehen. Die Frage der sparsamen Verwendung des Speisungswassers hat namentlich bei dem Schleppmonopol auf dem Elbe-Travekanal eine Rolle gespielt.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 943. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/506&oldid=- (Version vom 20.8.2021)