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sein der Geldwert der zur menschlichen Ernährung verbrauchten Kartoffeln, Gemüse, Obst, der zur Spiritus- und Stärkefabrikation verwendeten Kartoffeln, der der Zuckerfabrikation dienenden Zuckerrüben, der Erzeugung an Ölfrüchten, Gespinnstpflanzen, der Ertrag des Weinbaues, der Geflügelzucht, des Fischfanges, der Jagd- und Forstwirtschaft, für die zumeist einwandfreie Ertragsberechnungen fehlen, die aber doch sämtlich zur landwirtschaftlichen Produktion gehören und beträchtliche Werte darstellen.

Der Verbrauch an Kartoffeln allein zu Speisezwecken beträgt jährlich über 14 Millionen Tonnen – für Brennerei und Stärkefabrikation noch weitere 4 Millionen Tonnen. – Die Gesamternte an Kartoffeln hat im letzten Jahrfünft durchschnittlich 44,3 Millionen Tonnen betragen. – Die Menge der verarbeiteten Zuckerrüben betrug durchschnittlich 13 Millionen Tonnen, die Menge des gewonnenen Rohzuckers ca. 2 Millionen Tonnen. Für Speise-, Brennerei-und Stärkekartoffeln und Zuckerrüben zusammen ist daher allein schon wieder eine runde Milliarde als Gesamtertrag anzunehmen und so würden noch weitere Milliarden Produktionswerte sich ergeben, wenn die eben erwähnten Produktionszweige sämtlich mit berücksichtigt würden.

Diese Zahlen gewinnen aber erst ihre volle Bedeutung, wenn man sie mit den Hauptwerten unserer industriellen Produktion in Vergleich stellt.

Nach den Angaben von Steinmann-Bucher betrug im Jahre 1905 die industrielle Gütererzeugung Brutto 36 Milliarden Mark. Sie dürfte aber netto, d.h. ohne wiederholte Zählung der von jeder nachfolgenden Produktionsstufe übernommenen Werte, den Betrag von 14–15 Milliarden nicht überstiegen haben. Dabei ist zu beachten, daß unter „industrieller“ Gütererzeugung auch die gewerbliche einbegriffen ist, und daß ein sehr erheblicher Teil dieser industriellen und gewerblichen Gütererzeugung für die Landwirtschaft arbeitet.

Also auch dem Werte der Produktion nach hat unsere Landwirtschaft noch immer gegenüber unserer so gewaltig gewachsenen Industrie sich als durchaus gleichwertiger Faktor zu behaupten gewußt.

Volksernährung.

Die volkswirtschaftlich wichtigste Frage aber war für alle Völker von jeher und bleibt für sie für alle Zukunft die Frage ihrer selbständigen – von fremder Zufuhr unabhängigen – Ernährung. Und in dieser Hinsicht kommt es weniger auf den Gesamtwert ihrer Produktionen als auf die den gegebenen Anbauflächen abgewonnenen Erträge an menschlichen Nahrungsmitteln an.

Was also hat in dieser Hinsicht die deutsche Landwirtschaft während der Regierungszeit Wilhelms II. geleistet? und was kann danach von ihr auch für die Zukunft erwartet werden?

Um hierüber ein Urteil sich bilden zu können, sei zunächst eine Übersicht der Leistungsfähigkeit der wichtigsten Agrarstaaten in bezug auf die Getreide- und Kartoffelproduktion gegeben. Nach dem „Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich“ hat die Ernte ergeben im Jahre 1912:

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 476. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/39&oldid=- (Version vom 20.8.2021)