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zu Danzig und die Gewerbeförderungsstellen zu Dortmund und zu Köln. Es sind Ausstellungshallen mit ständigen Ausstellungen von Kraft- und Arbeitsmaschinen, Werkzeugen und Arbeitsbehelfen; es wird dort auch Auskunft in gewerblichen und fachlichen Fragen erteilt, teilweise auch Rat gegeben bei der Anschaffung von Maschinen und Arbeitsbehelfen bzw. der Ankauf vermittelt. Zur Förderung der Lehrlingsausbildung wurden 1909 und 1910 in den einzelnen Handwerkskammerbezirken 141 Ausstellungen von Lehrlingsarbeiten veranstaltet.

Der Bericht des Landesgewerbeamts schließt mit beachtenswerten Vorschlägen zur Verbesserung des Gesellenprüfungswesens auf Grund der 1908–1911 stattgefundenen Untersuchung der Gesellenprüfungen und legt den Handwerksmeistern ans Herz, daß nur durch gewissenhafte Überlieferung des fachlichen Könnens der Boden gewonnen wird, aus dem dem Handwerk in Zukunft ein wirtschaftlicher Aufschwung erblühen kann. Die bisherige Tätigkeit des Landesgewerbeamts muß als eine hochersprießliche im Interesse des Handwerks bezeichnet werden.

Genossenschaftlicher Zusammenschluß.

Die Bedeutung des Genossenschaftswesens für das Handwerk hat v. Miquel einst treffend gekennzeichnet: „Es gilt heute für den Handwerkerstand, durch festen Zusammenschluß nach Möglichkeit die Vorteile sich anzueignen, die das Großkapital und der Großbetrieb ihm voraus haben. Tüchtige Vorbildung, gute Buchführung, gründliches Mitarbeiten des Meisters in der Werkstatt, billiger Kredit durch Genossenschaften unter Anlehnung an die Preußische Zentral-Genossenschaftskasse, genossenschaftlicher Einkauf von Rohmaterialien, wo es möglich ist auch genossenschaftlicher Verkauf, ja, soweit die Verhältnisse es gestatten, Bildung gemeinsamer Werkstätten unter Benutzung von Dampfmaschinen und anderen Motoren, jedenfalls Verwendung in der eigenen Werkstatt – diese und ähnliche Mittel, die die neuzeitliche Entwicklung darbietet, werden den Mittelstand auch heute noch erhalten und stärken. Die Zeit der Privilegien und Monopole ist vorbei!“ Zu dieser wirtschaftlichen Bedeutung tritt noch eine hohe ethische Wirkung, indem die Genossenschaften das ideale Gefühl der Zusammengehörigkeit fördern und durch die verständnisvolle Beteiligung der Mitglieder die Kräfte geweckt und angespornt werden.

Leider hat der Genossenschaftsgedanke bisher in den Kreisen des Handwerks noch nicht so festen Fuß gefaßt, wie es wünschenswert wäre. Wir betrachten im nachstehenden nur die Anwendungsarten, die den Handwerker besonders interessieren. Von wesentlicher Bedeutung ist für ihn die Kreditgenossenschaft, die sein Kreditbedürfnis befriedigen und ihn dadurch in die Lage versetzen soll, seine Einkäufe an Rohmaterial usw. bar zu bezahlen. Die Vorteile dieses ausreichenden Kredits liegen auf der Hand; der Handwerker sollte darauf bedacht sein, seinen ganzen Geldverkehr durch die Kreditgenossenschaft zu leiten. Zur Förderung des genossenschaftlichen Personalkredits ist für Preußen seit 1895 in Berlin die Preußische Zentral-Genossenschaftskasse eingeführt. Sie arbeitet mit einem vom Staate gewährten Grundkapital von 75 Millionen Mark und soll innerhalb der einzelnen Genossenschaftsverbände einen Ausgleich der Geldmittel

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 807. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/370&oldid=- (Version vom 20.8.2021)