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Bestimmungen durch landesherrliche Verordnungen für einzelne Gegenden vor, die den Baugläubigern eine dingliche Sicherheit (Bauhypothek) für ihre Forderungen verschaffen sollen; es sind dann sog. Bauschöffenämter einzurichten. Bis jetzt ist allerdings die Einführung dieses 2. Teiles noch nirgends erreicht; aber die Regierung hat 1912 eine Erhebung über den Bauschwindel angestellt, was vermuten läßt, daß man der Einführung näher treten will, vielleicht in der Form, daß der 2. Teil in den Städten, in denen Bauschwindel festgestellt ist, etwa auf die Dauer von 10 Jahren gelten soll.

Kleinere Reichsgesetze.

Manche Handwerke litten auch unter den Geschäftspraktiken der Abzahlungsbazare und Warenkredithäuser. Ein besonderes Gesetz betr. die Abzahlungsgeschäfte von 1894 bietet durch seine strengen Bestimmungen nicht nur dem Publikum einen gewissen Schutz vor Übervorteilungen, sondern schiebt auch der unlauteren Konkurrenz einen Riegel vor. – Auf diesem Gebiete bewegt sich auch die Gesetzgebung im Interesse des gewerblichen Rechtsschutzes. Das Patentgesetz von 1891 brachte eine zeitgemäße Umgestaltung der bisherigen Vorschriften zum Schutze des geistigen Eigentums, 1891 folgte das Gebrauchsmuster-Schutzgesetz, wodurch Modelle von Arbeitsgerätschaften oder Gebrauchsgegenständen oder deren Teilen, insoweit sie dem Arbeits- oder Gebrauchszweck durch eine neue Gestaltung, Anordnung oder Vorrichtung dienen sollen, geschützt werden; ferner dient das Gesetz zum Schutze der Warenbezeichnungen (1894) dem gewerblichen Verkehr. Hier sind auch zu nennen das Gesetz betr. den Schutz von Erfindungen, Mustern und Warenzeichen auf Ausstellungen (1904) und das Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (1907), Kunstschutzgesetz genannt; seit 1. Mai 1903 ist Deutschland auch Mitglied der internationalen Patentunion, die den Schutz des Erfinderrechts international regelt. – Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 1896 in Kraft getreten, hat besonders in seiner letzten Fassung von 1909 für das ganze Geschäfts- und Erwerbsleben eine tiefeingreifende Bedeutung, da es die Wettbewerbshandlungen des gesamten geschäftlichen Verkehrs umfaßt. Es soll dadurch dem ehrlichen, bescheidenen Gewerbetreibenden ein wirksamer Schutz gewährt werden gegen Schliche und offene Angriffe unehrenhafter Geschäftsleute. Das Gesetz richtet sich besonders gegen Ausschreitungen aller Art im Reklamewesen, gegen Quantitätsverschleierung, wie sie beim Kleinverkauf von Waren vorkommt, gegen unwahre, dem Geschäftsbetriebe oder dem Kredit von Erwerbsgenossen nachteilige Behauptungen, gegen die auf Täuschung berechnete Benutzung von Namen oder Firmen und gegen den Verrat von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen. Besonders wichtig sind die Bestimmungen gegen den Reklameunfug, die sich auch gegen die schwindelhafte Ankündigung von Ausverkäufen wenden. Bei allen Ausverkäufen (mit Ausnahme von Saison- und Inventurausverkäufen) muß der Grund angegeben werden, Vor- oder Nachschieben von Waren ist verboten, für bestimmte Arten kann Anmeldepflicht und Aufstellung eines Warenverzeichnisses festgesetzt werden. Gerade die Vielseitigkeit in der Gesetzgebung für den gewerblichen Rechtsschutz ist ein Gradmesser für die Bedeutung unserer geistigen Arbeit

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 793. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/356&oldid=- (Version vom 20.8.2021)