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dürfen, daß die Warenhäuser an dem Berliner Detailgeschäft mit mindestens 10% beteiligt sind.

Dabei ist aber noch folgendes zu beachten. Wird die Konkurrenz, welche die Warenhäuser den übrigen Betrieben des Warenhandels bereiten, auch von der Mehrzahl der letzteren empfunden, so stuft sich der Grad der Einwirkungen doch ab. Am wenigsten werden diejenigen Detailgeschäfte beeinflußt, die weitab vom Zentrum der Stadt gelegen sind, eine englokale Kundschaft haben, den alltäglichen Bedarf befriedigen; es sind dies vorzugsweise kleinere Geschäfte. Die ganze Wucht des Wettbewerbes der Warenhäuser dagegen haben die mittleren und größeren Betriebe des Detailhandels auszuhalten. Schält man sie aus der Gesamtmasse der Spezialgeschäfte heraus und stellt sie den Warenhäusern gegenüber, so erfährt der obige Prozentsatz wiederum eine Steigerung. Für Berlin gibt die städtische Statistik, die über das Personal der gewerblichen Mittel- und Großbetriebe geführt wird, einen Anhalt zur Beurteilung der einschlägigen Verhältnisse, wenn auch der Schluß von der Zahl der Beschäftigten auf den Umfang des Umsatzes nicht ganz einwandfrei ist. In den kaufmännischen Betrieben Groß-Berlins, in denen ein Personal von wenigstens 25 Personen beschäftigt war, betrug die Gesamtziffer der Angestellten in neuester Zeit etwa 70 000; von diesen waren in den Warenhäusern 20 000, also mehr als 28%, beschäftigt.

Detailhandel und Konsumvereine.

Neben den Warenhäusern sind es die Konsumvereine, die einen Teil des Warenhandels an sich ziehen und damit den Wettbewerb im Detailgeschäft verschärfen. Über den Umfang, den die Konsumvereinsbewegung im Laufe der letzten 5 Jahre angenommen hat, gibt nachstehende Tabelle einige Auskunft, in die des Vergleichs halber auch Ziffern aus fremden Ländern aufgenommen worden sind:

Jahresumsatz der Konsumgenossenschaften in Millionen Mark:

  Deutschland Großbritannien Frankreich
1907 306 1363 175
1908 356 1396 184
1909 357 1406 198
1910 412 1437 213
1911 496 1496 240.

Diese Aufstellung umfaßt aber nur die Konsumvereine, die in Genossenschaften zusammengeschlossen sind, und von diesen auch lediglich diejenigen, welche eine ordnungsmäßige Statistik führen. Die zahlreichen losen Gebilde mit konsumvereinsartigem Charakter sind nicht einbezogen worden. Die Gesamtumsätze, die durch Konsumvereine oder ähnliche Verkaufsorganisationen vermittelt werden, sind somit höher als die in obigen Ziffern bezeichneten Umsätze. Eine Schätzung ist naturgemäß nicht möglich, indes darf man annehmen, daß der sogenannte heimliche Warenhandel, der in behördlichen Bureaus und privaten Kontoren sich eingenistet hat, nicht unbeträchtliche Mengen von Waren umschlägt. Vom Standpunkte des Detailhandels sind angesichts dieser Verhältnisse

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 727. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/290&oldid=- (Version vom 20.8.2021)