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Viehart unter 2 ha 2–5 ha 5–20 ha 20–100 ha mehr als
100 ha
landwirtschaftlich benutzter Fläche
Pferde 5 627 17 877 164 038 146 062 6 009
Rinder 153 051 570 291 1 933 908 860 827 41 659
Davon Kühe 120 466 380 306 925 853 362 375 21 769
Schafe 36 013 51 595 304 955 350 504 27 299
Schweine 191 634 306 907 831 025 352 934 19 589
Ziegen 206 371 59 767 90 447 19 149 243
Hühner 1 247 572 1 854 143 4 559 299 1 648 641 53 049
Gänse 221 618 317 507 760 713 207 137 3 293
Enten 41 277 44 521 155 503 88 310 7 202

Auch hier dasselbe Bild: der eigentliche Großbetrieb tritt für die Viehzucht vollständig zurück. Die Rindviehhaltung z. B. ist am größten in den kleinbäuerlichen Betrieben (2–5 ha). Auf 100 ha landwirtschaftlich benutzter Fläche zählte man in Bayern in diesen Betrieben (–2 ha) 91,5, in den mittelbäuerlichen Betrieben (5–20 ha) 87,5, in den großbäuerlichen Betrieben 70,5 und in den Großbetrieben (über 100 ha) nur 44,7 Rinder. Ausdehnung der Viehzucht bedeutet demnach Vermehrung der landwirtschaftlichen Bevölkerung. Da dies aber das eigentliche Ziel des auf die Landwirtschaft gerichteten Teiles der Handelspolitik ist, so liegen die Konsequenzen auf der Hand: Vorläufige Beibehaltung der Vieh- und Fleischzölle, Verbilligung der Futtermittel. Damit brauchen keineswegs dauernd hohe Fleischpreise verbunden zu sein, denn das mit Sicherheit zu erwartende erhöhte Angebot wird den Preisen eine sinkende Tendenz geben. Auf ihr früheres Niveau werden sie freilich kaum jemals wieder heruntergehen, so lange das allgemeine Preisniveau die heutige Höhe behält oder gar weiter steigt. Auf die Höhe des von den Konsumenten zu zahlenden Fleischpreises wirkt übrigens die Absatzorganisation erheblich ein, die zurzeit mit ihren zahlreichen Zwischenstationen stark verteuernd wirkt. Man kann die Beobachtung machen, daß zwar steigende Viehpreise sich den Fleischkonsumenten sofort fühlbar machen, sinkende Viehpreise aber viel langsamer und fast niemals ganz im Detailverlauf zur Wirkung kommen. Hier liegt für die innere Wirtschaftspolitik ein sehr wichtiges Problem.

III.

Wirkung auf die Industrie.

Betrachten wir nunmehr die Kehrseite der Medaille: die Wirkung der neuesten Handelspolitik auf die Industrie. Wir können uns hier, nachdem wir die grundsätzliche Seite schon bei der Erörterung der Caprivischen Handelspolitik beachtet haben, wesentlich kürzer fassen. Die Gegner der schutzzöllnerischen Schwenkung nach Ablauf der Caprivischen Handelsverträge begründeten ihre Stellung damit, daß einmal das Ausland zu Gegenmaßregeln greifen werde und zum andern, daß durch die Verteuerung der Lebenshaltung mit ihren lohnsteigenden Wirkungen die Stellung der deutschen Industrie auf dem Weltmarkt erschwert und vielfach sogar unhaltbar werden werde. Ein Teil der ursprünglichen Gegner der landwirtschaftlichen Zölle gab diese Gegnerschaft allerdings auf, als auch die Industriezölle auf der ganzen Linie erhöht wurden. Insonderheit war die Schwerindustrie

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 708. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/271&oldid=- (Version vom 20.8.2021)