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Für Pferde im Werte bis zu 300 M. und mit weniger als 1,40 Meter Stockmaß wird 30 M. Zoll bezahlt. Alles in allem ein sehr kräftiges Anziehen der Zollsätze. Für Rindvieh galt früher gleichfalls die Stückverzollung. Bullen (Stiere) und Kühe 9 M., Jungvieh 6 M. Der neue Tarif legt das Lebendgewicht zugrunde, und zwar mit 18 M. pro Doppelzentner. Derselbe Satz gilt jetzt für Schweine. Für Gänse wird 24 M., für Hühner 6 M. pro Doppelzentner bezahlt. Der erhöhte Zoll für frisches oder gefrorenes Fleisch beträgt 45 M., für einfach zubereitetes Fleisch 60 M., für Fleisch zum Tafelgenuß 120 M., für Speck 26 M., für Schweineschmalz 12,50 M., für Talg 2,50 M., für Butter und Käse 30 M. pro Doppelzentner. Ein Zoll auf Milch wird nicht erhoben; ein Antrag, ihn einzuführen, wurde abgelehnt.

Infolge der durch die industrielle Entwicklung in Deutschland stark gestiegenen Kaufkraft der breiten Massen ist die Nachfrage nach tierischen Produkten erheblich gewachsen. Deren Bereitstellung erfolgt überwiegend durch die heimische Landwirtschaft, doch hat auch der Bezug aus dem Ausland ständig zugenommen und heute eine Höhe erreicht, die ein sehr erhebliches Maß von Abhängigkeit darstellt. Dies sei zunächst für eine längere Zeitperiode illustriert, und zwar unter Berechnung des Ein- oder Ausfuhrüberschusses pro Kopf der Bevölkerung für die Jahre 1872–1910:

1872
Einfuhr- oder Ausfuhr- (–) Überschuß
in M. pro Kopf
1910
Einfuhr- oder Ausfuhr- (–) Überschuß
in M. pro Kopf
Vieh 0,83 1,55
Butter –0,03 1,40
Schmalz und schmalzartige Fette 0,54 1,46
Fleisch 0,03 0,40
Hülsenfrüchte –0,15 0,45
Käse 0,04 0,40
Eier, Eigelb 0,04 2,55
Milch, Rahm[1] 0,05 0,50

Minus und Plus gegeneinander aufgerechnet, ergibt für diese Produkte eine Mehreinfuhr von 8,71 M. pro Kopf der Bevölkerung, gegen 132 M. im Jahre 1872, mithin eine 6½ fache Vermehrung der Abhängigkeit vom Auslande. Der Nettobetrag, der für die hier genannten Erzeugnisse ins Ausland ging, betrug im Jahre 1910 469,1 Mill. M., gegen 53,5 Mill. M. im Jahre 1872.

Hierzu kommen noch pro Kopf 1,6 M. für Kleie, die zwar nur zum Teil als Futtermittel verwendet wird, aber hier ihren Platz finden möge, 0,25 M. für Erdnüsse, 1,26 M. für Kopra, 1,36 M. für Palmkerne, 0,53 M. für frisches Gemüse usw. Diesen Posten lassen sich die Beträge für 1872 nicht exakt gegenüberstellen, sie spielen indessen damals eine kaum nennenswerte Rolle. Im Jahre 1910 mußte diese Einfuhr mit insgesamt 322,7 Mill. Mark bezahlt werden.

Endlich noch einige landwirtschaftliche Erzeugnisse, die teils Nahrungs- und Futter-, teils gewerblichen Zwecken dienen.


  1. Für das Jahr 1880, da vorher nennenswerter Außenhandel nicht vorhanden.
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 705. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/268&oldid=- (Version vom 20.8.2021)