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auch der in den letzten Jahrzehnten zweifellos gestiegene allgemeine Wohlstand hieran einen gewissen Anteil, insofern man immer mehr dazu übergeht, für den täglichen Trinkgebrauch neben dem Leitungswasser ein erfrischender schmeckendes, wenn auch teureres Tafelwasser zur Verfügung zu halten. Außerdem hat sich aber auch die Technik der Gewinnung, Aufbewahrung und Versendung dieser Tafelwässer in den letzten Jahrzehnten in erheblichem Maße weiter entwickelt. Denn nicht jedes natürliche Wasser ist ohne weiteres, so wie es aus der Erde entquillt, zur Verwendung als Tafelwasser geeignet. Vielmehr muß es häufig erst nach seiner Gewinnung einer Behandlung unterworfen werden, die darauf abzielt, das Wasser für die Aufbewahrung und den Versand haltbar zu machen und namentlich zu verhindern, daß das Wasser nach gewisser Zeit durch Trübung oder durch Abscheidung fester Niederschläge unansehnlich und daher für den Gebrauch als feines Tafelwasser unverwendbar wird. Hierbei kommt vor allem ein etwaiger natürlicher Eisengehalt in Frage, der beim Aufbewahren des Wassers sich allmählich abscheiden und dadurch das Wasser trüben kann. Daher entzieht man solchen Wässern vor ihrer weiteren Verarbeitung zunächst das Eisen, auch wohl, wenn es vorhanden ist, das Mangan und führt dem Wasser, wenn es bei der Enteisenung einen Teil seiner natürlichen Kohlensäure verloren hat, Kohlensäure in gewisser Menge wieder zu.

Schluß.

Die Aufgabe der einheimischen Nahrungsmittelindustrie ist es in erster Linie, dafür zu sorgen, daß der inländische Markt mit den für die Ernährung der Bevölkerung erforderlichen Mengen von Nahrungsmitteln versorgt wird. Daneben ist es aber auch für das Gedeihen und die Weiterentwicklung der Industrie von größter Bedeutung, daß ihr die Möglichkeit der Beteiligung am Welthandel offen gehalten wird. Tatsächlich findet ja auch andauernd eine beträchtliche Ausfuhr deutscher Nahrungsmittel in das Ausland statt, sei es, daß es sich dabei um besondere einheimische Erzeugnisse, wie Zucker, Wein, Bier usw., handelt, sei es, daß die deutsche Industrie teilweise oder ganz ausländische Rohstoffe verarbeitet und diese in genußfertigem Zustande wieder ausführt, wie dies beispielsweise bei der Schokoladenindustrie der Fall ist. Da die Nahrungsmittelindustrie zum Tell ausländische Rohstoffe verarbeiten muß, andererseits aber fertige Erzeugnisse ausführt, so ist sie in doppelter Weise auch von der Lage des Weltmarktes abhängig. Dazu kommt bei der Ausfuhr noch ein anderer Umstand mit in Betracht. Wie die deutschen Nahrungsmittelgesetze verlangen, daß alle, auch die aus dem Auslande stammenden Nahrungsmittel den Anforderungen der deutschen Nahrungsmittelgesetzgebung genügen, so verlangt auch das Ausland, daß die dort eingeführten Lebensmittel den dortigen gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Soweit gesundheitliche Rücksichten in Frage kommen, besteht eine sehr weitgehende Übereinstimmung zwischen den Nahrungsmittelgesetzen der verschiedenen Kulturstaaten. Insofern aber wirtschaftliche Rücksichten für die Gestaltung der Gesetze maßgebend gewesen sind, können sich im Auslande Abweichungen von den deutschen Gesetzen ergeben. Die an der Ausfuhr sich beteiligende Nahrungsmittelindustrie muß sich daher darum kümmern, die ausländischen Gesetze zu kennen und sich ihnen anzupassen.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 645. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/208&oldid=- (Version vom 20.8.2021)