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Unter diesen Umständen ist das Verfahren zur Umwandlung flüssiger Fette in feste Erzeugnisse, das den Arbeiten des Chemikers Dr. Normann zu danken ist, von großer Bedeutung geworden. Dieses Verfahren beruht auf folgenden chemischen Umsetzungen.

Die natürlichen Fette sind Gemische von Verbindungen des Glyzerins mit festen oder flüssigen Fettsäuren, vornehmlich der festen Palmitinsäure oder der festen Stearinsäure, oder der flüssigen Ölsäure. Diese Verbindungen werden auch als Fettsäureester des Glyzerins bezeichnet. So spricht man vom Ölsäureester oder Stearinsäureester des Glyzerins, Verbindungen, die auch als Tri-Oleïn oder als Tristearin bezeichnet werden. Es war bereits früher bekannt, daß Ölsäure durch Einwirkung von Wasserstoff in Stearinsäure und das flüssige Trioleïn unter den gleichen Bedingungen in festes Tristearin umgewandelt werden kann. Dieses Verfahren war aber noch nicht technisch angewandt worden. Normann stellte nun fest, daß diese Umwandlung der flüssigen in feste Fette durch die Einwirkung von Wasserstoff bei Gegenwart bestimmter Metalle, z. B. von pulverförmigem Nickel bei höheren Wärmegraden sich leicht vollzieht und technisch im großen Maßstab durchgeführt werden kann. Man nennt die Metalle, die diese Umwandlung erleichtern, Katalysatoren und ihre Wirkung eine katalytische Wirkung. Seit die Industrie dazu übergegangen ist, dieses durch Patent geschützte Verfahren im großen Maßstab durchzuführen, sind in bezug hierauf zahlreiche Abänderungsvorschläge gemacht und zum Teil auch durch Patente geschützt worden, ein Zeichen der großen Bedeutung, welche man diesem Verfahren beilegt.

Eines der ersten Fette, mit welchem die Versuche zur Umwandlung in ein festes Fett erfolgreich durchgeführt wurde, war der Walfischtran. Die verschiedenen Transorten spielen zwar seit alter Zeit schon für gewerbliche Zwecke eine gewisse Rolle. Sie galten im übrigen aber doch als weniger wertvolle Fette und standen dementsprechend auch niedriger im Preise. Durch die Behandlung mit Wasserstoff bei Gegenwart katalytisch wirkender Metalle werden sie aber in feste Fette und damit in wertvollere Rohstoffe für eine weitere gewerbliche Verwendung umgewandelt. Je nach der Dauer der Einwirkung des Wasserstoffs und den sonstigen Versuchsbedingungen wird die Härtung verschieden weit getrieben, so daß entweder schmalzartige oder talgartige Fette von geringerer oder größerer Härte erhalten werden. Gleichzeitig verlieren die Trane ihren eigentümlichen im allgemeinen wenig angenehmen Geruch und die erhaltenen festen und farblosen Fette können nun zu allen den gewerblichen Zwecken Verwendung finden, für welche sonst Talg Verwendung findet, z. B. für die Seifenerzeugung oder für die Herstellung von Kerzen.

Die Benutzung der gehärteten Trane für die Zwecke der Lebensmittelgewerbe, welche letztere hier allein in Betracht kommen, ist allerdings bisher nicht beabsichtigt. Dahingegen muß damit gerechnet werden, daß andere gehärtete, pflanzliche fette Öle für die genannten Zwecke Verwendung finden werden.

Kakao und Schokolade.

Die Kakao- und Schokoladenindustrie ist bekanntlich für die Beschaffung ihres wichtigsten Rohstoffes, der Kakaobohne auf den Bezug aus dem Auslande angewiesen. Der zweite für die Schokoladefabrikation

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 642. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/205&oldid=- (Version vom 20.8.2021)