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Die schwierige und für die Nahrungsmittelindustrie wie für den Handel nach wie vor überaus wichtige Frage der zweckmäßigsten und gesundheitlich auch einwandfreien Konservierung der Nahrungsmittel war damit aber noch nicht gelöst. Und es erscheint daher begreiflich, daß die Nahrungsmittelindustrie nach wie vor bemüht bleibt, durch Ausprobieren neuer chemischer Stoffe oder neuer Zubereitungsweisen die Konservierungsfrage einer alle Teile befriedigenden Lösung entgegenzuführen.

Deutsches Nahrungsmittelbuch.

Derartige Fragen berühren die ganze Nahrungsmittelindustrie. Zur Verfolgung ihrer gemeinsamen Ziele haben sich die beteiligten Kreise zum Bunde deutscher Nahrungsmittelfabrikanten und -händler E. V. vereinigt und bei wiederholten Gelegenheiten ihren Wünschen und ihrem Standpunkte in schwebenden Fragen Ausdruck verliehen. Durch die Herausgabe des „Deutschen Nahrungsmittelbuches“, dessen erste Ausgabe im Jahre 1905, die zweite 1909 erschien, versuchte der genannte Bund eine Sammlung von Begriffsbestimmungen und Handelsgebräuchen des Nahrungs- und Genußmittelgewerbes zu schaffen, das in gewisser Weise als ein Gegenstück und eine Ergänzung der „Vereinbarungen“ der Nahrungsmittelchemiker angesehen werden kann.

Inwieweit es in Zukunft möglich sein wird, die auch heute noch in bezug auf viele Einzelpunkte, insonderheit über wirtschaftliche Fragen bestehenden Meinungsverschiedenheiten und Gegensätze zwischen der Nahrungsmittelkontrolle und der Nahrungsmittelindustrie auszugleichen, bleibt abzuwarten. Von besonderer Wichtigkeit ist dabei die Lösung der Frage, ob das Nahrungsmittelgesetz vom Jahre 1879 abzuändern oder zu ergänzen sein wird. Dabei ist vor allem die Frage von Wichtigkeit, ob und in welcher Weise Begriffsbestimmungen der einzelnen Nahrungs- und Genußmittel gesetzlich festzulegen seien, ohne daß dadurch den im Laufe der Zeit sich auch hier ändernden Anschauungen Gewalt angetan wird. Vielleicht werden diese Fragen schon in nicht zu ferner Zeit zum Austrag gebracht werden. Möchten sie dann zu dem Ergebnis führen, daß durch eine etwaige Änderung des Nahrungsmittelgesetzes das Gute, das dieses Gesetz zweifellos geschaffen hat, erhalten bleibe, die Lücken aber, die sich im Laufe der Zeit als vorhanden herausgestellt haben, in einer den Wünschen und Bedürfnissen aller beteiligten Kreise entsprechenden Weise ausgefüllt werden mögen.

Fleisch und Fleischwaren.

Für den Verkehr mit Fleisch und Fleischwaren ist das Jahr 1900 von allergrößter Bedeutung geworden. Unter dem 3. Juni 1900 erging das Gesetz betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau, durch welches eine amtliche Überwachung der zum Schlachten bestimmten Tiere, deren Fleisch zum Genusse für Menschen verwendet werden sollte, vor und nach der Schlachtung eingeführt wurde. Das Gesetz trat teilweise bereits am 1. Oktober 1900, im übrigen am 1. Oktober 1902 und am 1. April 1903 in Kraft und gilt auch heute noch unverändert, nachdem inzwischen zu den wichtigeren Bestimmungen des Gesetzes umfangreiche Ausführungsvorschriften erlassen waren. Die Gründe, welche zum Erlaß dieses Gesetzes führten, waren verschieden.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 639. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/202&oldid=- (Version vom 20.8.2021)