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unterzogen. Doch haben sich ihrer Fertigstellung größere Schwierigkeiten in den Weg gestellt, als ursprünglich erwartet wurde.

Nahrungsmittelkontrolle und Nahrungsmittelindustrie.

Diese Schwierigkeiten entspringen zum Teil wohl dem Umstande, daß es sich hier um Fragen handelt, die infolge der regen wissenschaftlichen Tätigkeit auf diesem Gebiet in einem schnellen Fluß begriffen sind. Zum Teil sind diese Schwierigkeiten aber auch wohl dadurch bedingt, daß die Nahrungsmittelindustrie in manchen Fragen einen anderen Standpunkt als die Hygieniker und die Nahrungsmittelchemiker vertritt und ein Ausgleich hier bisher nicht immer geschaffen werden konnte.

Zwar haben die „Vereinbarungen“ sehr bald nach ihrer Veröffentlichung, wenigstens soweit die Untersuchungsverfahren in Betracht kommen, auch bei der Nahrungsmittelindustrie große Beachtung gefunden. War doch auch die Industrie immer mehr dazu übergegangen, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschungen sich zunutze zu machen und danach ihre Betriebe zweckentsprechender zu gestalten. Nicht ganz so verhält es sich bei den Vereinbarungen, die hinsichtlich der Beurteilung der einzelnen Nahrungsmittel in Betracht kommen. Verschiedene Gründe mögen dabei mitsprechen, wenn die Ansichten der Vertreter der Nahrungsmittelkontrolle einerseits und die der Nahrungsmittelindustrie andererseits nicht immer in allen Punkten übereinstimmen. Entsprechend dem Umstande, daß das Nahrungsmittelgesetz in erster Linie gesundheitliche Ziele verfolgt, betonen auch die Nahrungsmittelchemiker in der Mehrheit wohl bei der Beurteilung der Nahrungsmittel die gesundheitlichen Gesichtspunkte. Auch die Nahrungsmittelindustrie hat hierauf selbstverständlich den größten Wert zu legen. Denn es schädigt erfahrungsgemäß nichts einen Gewerbszweig mehr, als wenn durch seine Erzeugnisse vielleicht schädliche Einflüsse in großem Umfange hervorgerufen werden. Aber die Nahrungsmittelindustrie ist andererseits ganz naturgemäß auch auf die Berücksichtigung der oft sehr schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse angewiesen. Vielfach auch glaubt die Industrie Rücksichten nehmen zu müssen auf die Wünsche ihrer Abnehmer, und scheut sich deshalb, von alten Gewohnheiten bei ihrer Fabrikation abzugehen; andererseits ist die Industrie auch gerne bereit, Neuerungen in ihrem Betrieb oder in der Art der Zubereitung der Nahrungsmittel anzunehmen, wenn dadurch wirtschaftliche Vorteile errungen werden, ohne daß sogleich sich hieraus gesundheitliche Nachteile ergeben. Die Fortschritte, die in dieser Hinsicht in bezug auf die maschinellen Einrichtungen und in bezug auf die Verarbeitung namentlich großer Mengen natürlicher Rohstoffe zu Nahrungs- oder Genußmitteln gemacht worden sind, haben eine große Bedeutung auch für die Volkswohlfahrt.

Frischerhaltung.

Nicht in gleicher Weise liegen die Vorteile für die Gesundheit der Bevölkerung immer auf der Hand, wenn es sich um neue Zubereitungsweisen von Nahrungsmitteln handelt. Hier kommt vor allem die schwierige Frage der Frischerhaltung der Nahrungsmittel in Betracht.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 637. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/200&oldid=- (Version vom 20.8.2021)