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durch die Hilfe, die sie den Inhabern deutscher keramischer Werke leistet, wenn diese auf Schwierigkeiten bei der Fabrikation stoßen. Die kleineren und mittleren Fabrikanten haben gar nicht die Erfahrungen und Mittel, um auftretende Fehler zu prüfen und zu beseitigen. Die Versuchsanstalt steht ihnen mit Rat und Tat bei. Sie bietet ihnen auch Unterweisung in einer vortrefflichen Lehrsammlung. Hier können die gebräuchlichen Rohstoffe, ferner keramische Körper ohne Fehler und solche mit den verschiedenartigsten Fehlern studiert werden. Endlich werden in der Versuchsanstalt junge Keramiker fachwissenschaftlich und praktisch herangebildet.

Radioaktive Stoffe.

Eine merkwürdige, nicht uninteressante Verwendung haben keramische Körper erfahren, die mit radioaktiven Stoffen versetzt sind. Werden solche Stoffe mit Ton eingebunden, geformt und gebrannt, dann gewinnen sie Halt und Festigkeit. Von dem Radium geht bei diesem Prozesse nichts verloren. Bringt man die fertig gebrannten Körper aber in Wasser, dann teilt sich die Emanation dem Wasser mit. Dagegen ist die gebrannte Tonmasse im Wasser vollständig unlöslich. Durch solche Körper, die in Stäbchen-, Pastillen- oder Röhrchenform gebracht sind, lassen sich Bade- und Trinkwasser radiumheilkräftig machen, was für die Bekämpfung gewisser Krankheiten, namentlich der Gicht und des Rheumatismus, großen Wert besitzt. Von besonderer Bedeutung ist dieser Gegenstand für die Wiederauffrischung von Brunnen, die von den Badeverwaltungen versandt werden. Die beim Transport verloren gegangene eigene Emanation kann den Brunnen durch die eingebrachten Körper leicht wieder verliehen werden. Neuerdings werden auch Becher und Flaschen zur Aufnahme solcher Getränke aus radioaktiver Masse erzeugt, ferner Blumentöpfe, da man die Beobachtung gemacht hat, daß die Emanation auf Pflanzen, namentlich auf Topfpflanzen, lebensteigernd wirkt. An der Außenseite erhalten diese Gefäße nach Bedarf eine schöne Glasur.

Glasindustrie.

In der Glasindustrie sind erhebliche Umwälzungen zu verzeichnen, hervorgerufen durch die Maschinenarbeiten beim Glasblasen. Mit den Arbeitern in den Metallhütten teilen die Glashüttenarbeiter das Übel, daß sich ihre Arbeit unter sanitär sehr ungünstigen Verhältnissen vollzieht. Ihr Stand direkt vor dem Glasofen bewirkt, daß sie abwechselnd von einer Seite intensiver Hitze, von der anderen stark abkühlender Zugluft ausgesetzt sind. Der Einfluß der Hitze des Ofens ist so groß, daß sich die Gesichtshaut der Glasbläser stark rötet und wie verbrannt aussieht, so daß man ihnen schon auf der Straße ihren Stand ansieht. Zum Aufblasen der Glaskörper ist ein erheblicher Preßdruck erforderlich. Um ihn hervorzubringen, müssen die Arbeiter ihre Lungen stark ausdehnen. In demselben Verhältnis wächst ihre Benachteiligung durch das Einatmen der heißen, trockenen, staubigen Luft. Man wird den Glasbläsern daher von Herzen eine Erleichterung in ihrem Berufe gönnen. Diese Erleichterung haben die Glasblasemaschinen gebracht. In ihnen werden die Glaskörper durch ein maschinell betriebenes Gebläse aufgebläht.

Glasblasemaschinen.

Die Zahl der Glasblasemaschinen ist ziemlich groß. Es können daher hier nur einige Typen berücksichtigt werden.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 626. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/189&oldid=- (Version vom 1.10.2017)