Seite:Deutschland unter Kaiser Wilhelm II Band 2.pdf/179

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nichts mehr vor ihm voraus. Auch die Natur vermag Sandkörner zusammenzukitten, wie uns das die Geologie z. B. bei der Entstehung der Sandsteine lehrt. Die vom Wasser zerkleinerten und zerriebenen Bruchstücke älterer Formationen haben früher ebenso lose zusammengelegen wie heute unser Sand. Dann hat dieselbe Mutter Natur, welche die Gesteinsmassen zerstört hatte, die einzelnen Körnchen durch kalkige, kieselige oder eisenschüssige Zemente, die aus Mineralien durch Wasser gelöst in die Sandmassen eindrangen, wieder aneinander gekittet und so Sandsteinbänke von vielen hundert Metern Mächtigkeit geschaffen. Aber dazu waren ungeheure Zeiträume notwendig, mit denen Dr. Michaelis natürlich nicht rechnen konnte, aber auch nicht brauchte. Wer bisher auf der Straße achtlos und vielleicht geringschätzig an den mit Kalksandsteinen beladenen Wagen vorbeigegangen ist, möge sich erinnern, welche große Tat hier vollbracht wurde.

Asbest-Zement.

Von großer Bedeutung ist auch das Verfahren geworden, Asbest-Zementkunststeinmassen auf der Papier- oder Pappenmaschine zu verarbeiten. Das Gemenge von Asbest und Zement wird zunächst im Holländer mit großen Mengen Wasser durchgearbeitet und dann auf eine gewöhnliche Papier- oder Pappenmaschine geleitet. Die Befürchtung, daß das hydraulische Bindemittel durch die Menge Wassers seine Bindefähigkeit verlieren würde, hat sich nicht bestätigt. Die gewonnenen pappeartigen Platten werden einem hohen Druck in hydraulischen Pressen und der Lagerung unterworfen, damit sie erhärten. Sie sind nicht viel stärker als gewöhnliche Tafeln aus Papiermasse. Wegen ihres gefälligen Ansehens erfreuen sie sich großer Beliebtheit als Dachdeckmaterial sowie als Wandbekleidungsmaterial für Baracken, wobei sie gegen Kälte und Hitze guten Schutz gewähren. Der Bau leichter Häuser in den Kolonien ist durch den Gebrauch dieser Platten sehr gefördert worden.

Nach derselben Methode umhüllt man eiserne oder hölzerne Säulen und Träger mit einer feuersichern Asbest-Zementschicht. Die von der Pappenmaschine kommende Stoffbahn wird auf die Säule oder den Träger mehrfach aufgewickelt, bis die Schicht dick genug ist. Die Bekleidung ist sehr fest, nicht spröde, von geringer Wärmeleitungsfähigkeit, wasserundurchlässig, unverbrennbar und dabei von leichtem Gewicht. Ist die Säule, welche umhüllt werden soll, länger als die Stoffbahn, dann bringt man sie mit einem geeigneten Getriebe in Verbindung, das sie während des Aufwickelns quer zur Bewegungsrichtung der Stoffbahn langsam verschiebt. Die Stoffbahn wird dann schraubenförmig aufgewickelt. Es ist klar, daß man auf diese Weise Körper von beliebiger Länge verkleiden kann. Die Kernkörper gehen während der Bekleidung hin und her, damit sich die Stoffbahn kreuz und quer auflegt, was ihre Haltbarkeit vermehrt. So lassen sich Kernkörper bewickeln, die einen kreisförmigen oder polygonalen Querschnitt haben. Sind Säulen aus T-Eisen zu umhüllen, dann bringt man die Stoffbahn zunächst auf einen Kernkörper von kreisförmigem Querschnitt und entsprechendem Durchmesser, entfernt den Kern vor der völligen Erhärtung der aufgewickelten Schicht und setzt das T-Eisen ein, worauf man den Umhüllungskörper unter Druck aufpreßt.

Künstlicher Marmor.

Andere künstliche Steinmassen spielen bei der Nachahmung künstlichen Marmors eine wichtige Rolle. Die Fabrikation

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 616. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/179&oldid=- (Version vom 17.8.2017)