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absaugt, sind alle Arbeitsräume staubfreier und sauberer geworden, und die Feuersgefahr ist vermindert. Das letztere ist auch durch die Anbringung von Magnetwalzen zur Entfernung metallischer Verunreinigungen des Rohmaterials durch Nägel, Teile von Metallbändern der Baumwollballen usw. erreicht worden, durch die viele Entzündungen verursacht wurden. Bei den Karden ist das Färben und Bleichen der Bänder in der Spinnerei von Wichtigkeit. Die mehrfach doublierten Bänder durchlaufen nacheinander die Farbflotte, die Quetschwalzen, die Spülvorrichtungen usw., werden zu Wickeln aufgerollt und können, nachdem sie getrocknet sind, der Strecke vorgelegt werden. Sehr sinnreich sind die elektrischen Abstellvorrichtungen an den Strecken und Flyern. Sie stellen ab, wenn das Band oder der Faden fehlt, wenn das Band zu schwer oder zu leicht ist und wenn die Kanne oder die Spule gefüllt ist. Von den großen Fortschritten des Maschinenbaues zeugen die Antriebs-, Führungs- und Zentralschmiervorrichtungen der Trosseln, die eine Tourenzahl von 9000–11 000 zulassen, ferner die Möglichkeit der Geschwindigkeitsregulierung der Spindeln entsprechend dem Aufwindungsradius bei so hoher Tourenzahl und endlich die Vermehrung der Spindelzahl der Selfaktoren von 600–800 auf 1200–1300. Ganz neu sind die Versuche, das Absetzen der Trosselspulen automatisch vorzunehmen, wodurch die Zahl der das Absetzen besorgenden Arbeitskräfte von 8 auf 2 vermindert wird und die Trosseln in 1½ Minute wieder in Betrieb gesetzt werden können. Um die Vervollkommnung der Baumwollspinnmaschinen haben sich verschiedene sächsische Firmen hoch verdient gemacht. Vor allem Oskar Schimmel & Co. und die sächsische Maschinenfabrik in Chemnitz.

Hinsichtlich der Vorbereitungsmaschinen für die Baumwollweberei haben wir uns ganz frei von England gemacht, heute bilden sie zum Teil sogar ein beträchtliches Absatzgebiet Deutschlands an fremde Staaten. Um die Ausbildung der Kreuzspulmaschine haben sich die Firmen Rud. Voigt in Chemnitz, die Sächsische Webstuhlfabrik in Chemnitz und Schlafhorst & Co. in M.-Gladbach verdient gemacht. Englische Kreuzspulmaschinen werden bei uns kaum noch eingeführt, dagegen führen wir sie in großem Umfange nach Holland, Belgien, Frankreich, Österreich, Rußland, Italien, Spanien und Portugal aus. Wir verdanken den Erfolg der gründlichen Durchbildung, die unsere Konstrukteure der Maschine gegeben haben. Auch sind wir auf dem besten Wege, den Barberknoter, der bis jetzt noch aus England bezogen wird, durch eine deutsche Erfindung zu ersetzen, die mit dem richtigen Weberknoten arbeitet. In der Konusschermaschine der Sächsischen Webstuhlfabrik ist der englischen Zettelmaschine eine scharfe Konkurrenz erwachsen, da erstere sich für unsere Fabrikationsverhältnisse besser eignet. Aber auch die Zettelmaschine wird von deutschen Firmen längst in guter Ausführung geliefert. Die englische Sektionalschermaschine ist durch die Konstruktion von B. Cohnen in Grevenbroich ziemlich verdrängt worden. Zu erwähnen wären noch die Versuche von Feßmann & Hämmerle in Augsburg, das Scheren direkt von Cops vorzunehmen, also die Spulmaschine zu ersparen. Die Schlichtmaschinen, namentlich die Kettenbreitschlichtmaschinen, die lange Zeit eine englische Domäne waren, sind seit 10–15 Jahren durch deutsche Maschinen ersetzt worden. Das deutsche Prinzip der Trocknung vermöge starker

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 604. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/167&oldid=- (Version vom 29.1.2017)