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1. Eine allgemeine Versorgung des ganzen Landes mit Elektrizität ist nur durch große Überlandwerke möglich, denen ein ausgedehntes Gebiet auf eine längere Zeitdauer zur Elektrizitätslieferung zugewiesen wird.

2. Die Errichtung der Überlandwerke in den einzelnen Gebieten ist eigenen Aktiengesellschaften zu übertragen, die entweder von den öffentlichen Körperschaften (Kreisgemeinden, Städten) gemeinschaftlich mit Elektrizitätsgesellschaften und Bankgruppen oder von der elektrotechnischen Großindustrie und ihren Banken allein für jedes Versorgungsgebiet gegründet werden.

3. Zur Erzeugung des Kraftstroms sollen die staatlichen Wasserkräfte nach Möglichkeit herangezogen werden.

4. Die Überlandwerke sind verpflichtet, binnen einer bestimmten Zeit die Elektrizitätsversorgung in dem zugewiesenen Gebiete allgemein durchzuführen und auf Verlangen jede Gemeinde nach einheitlichen Bedingungen mit Elektrizität zu versorgen.

5. Die größeren und insbesondere die städtischen Gemeinden errichten in der Regel die Anschlußleitungen und Ortsnetze auf eigene Kosten und übernehmen die Verteilung des Stromes selbst; sie sind Großabnehmer des Überlandwerks.

6. Die Landgemeinden überlassen den Überlandwerken die Verteilung des Stromes an die Abnehmer selbst. Die Herstellung und Unterhaltung der Ortsnetze ist zunächst Sache der Überlandwerke, die Gemeinden sind jedoch berechtigt, die Ortsnetze nach einer Reihe von Jahren zu billigen Bedingungen zu erwerben.

7. Gemeinden oder Gebietsteile, die einen so geringen Stromverbrauch aufweisen, daß die Bruttoeinnahmen für den Stromabsatz zu den Aufwendungen für die Anschlußleitungen und die Ortsverteilungsnetze in einem Mißverhältnis stehen, können von den Überlandwerken zu Sonderleistungen herangezogen werden, deren Höhe von Fall zu Fall der Prüfung der Staatsregierung unterliegt.

8. Die Strompreise bedürfen der Genehmigung der Staatsregierung, sie sind jeweils nach einer Reihe von Jahren einer Revision zu unterziehen.

9. Der Staat kann nach Ablauf eines längeren Zeitraumes, wenn wirtschaftliche Gründe es verlangen, die Überlandwerke zu einem Preise erwerben, dessen Berechnungsweise schon jetzt bestimmt ist.

10. Der Ausbau der Überlandwerke ist nach einem bestimmten Plane und in einer bestimmten Reihen- und Zeitfolge durchzuführen, die von der Staatsregierung festgelegt werden. Hierbei muß auf die Interessen der bestehenden kleinen Überlandwerke gehörige Rücksicht genommen werden.

11. Die Überlandwerke haben sich jeder Beschränkung des freien Wettbewerbs bei der Ausführung der Anlagen, die nicht auf ihre Kosten geschehen, so insbesondere bei den elektrischen Inneneinrichtungen, zu enthalten.

12. Zur Wahrung der Interessen der Allgemeinheit wird die Kgl. Staatsregierung mit den Überlandwerken dauernde Fühlung nehmen.“

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 573. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/136&oldid=- (Version vom 20.8.2021)