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Feld, unsere Erzeugnisse sind dann zuverlässige Maschinen, das Kapital arbeitet wirtschaftlicher. Als Beweise hierfür können neben den Kraftfahrzeugen angeführt werden unsere Kriegsschiffe und Schiffsgeschütze, unsere Unterseeboote, namentlich aber auch unsere Luftschiffe und Flugmaschinen. Immerhin ist hier zur Selbsterkenntnis nötig, zu sagen, daß unsere deutschen Gelehrten oft allzuspät die, zur Lösung großer industrieller und kultureller Aufgaben nötigen theoretischen Versuche in Angriff nehmen. Wir müssen noch mehr als bisher die Lehrer der Hochschulen in Fühlung bringen mit dem, was werden soll und will. Freilich sind die Lehrer in den Mitteln zur Durchführung von Ideen allzu beschränkt. Während der Oberingenieur in der Industrie mit 20 erprobten und eingearbeiteten Hilfskräften rechnen kann, hat der Hochschullehrer Mühe, sich meist mit einem einzigen, blutjungen Diplomingenieur ohne Praxis als Assistent zurechtzufinden, dessen Zeit übrigens durch die Lehrtätigkeit vollständig in Anspruch genommen ist. Erst allmählich gelingt es dem Lehrer, durch Inanspruchnahme eigener Mittel oder durch mühsam erbetteltes Geld einige geübte Ingenieure für die Durchführung von lange gehegten Plänen zu gewinnen. Vielfach fehlt auch noch in den Hochschulen der Platz zur Unterbringung dieser so dringend notwendigen Hilfskräfte. Wie viele fruchtbare, der Entwicklung vorgreifende Ideen verkümmern so wegen Mangel an Mitteln! Freilich der Staat kann hier nicht allein helfen, die Industrie müßte noch kräftiger als bisher nach dem Vorbild der amerikanischen Mäzene eingreifen und nicht nur die Laboratorien, sondern auch die Konstruktions-Lehrstühle bedenken. Gegenüber den anderen Lehrstühlen führen diese ein geradezu kümmerliches Dasein. Für Ideen, die von vornherein fruchtbar erscheinen, ist es ja leicht, Geld von der Industrie zu erhalten, aber die meisten Ideen zeigen erst bei der Ausarbeitung, ob sie nutzbringend werden oder nicht, und diese bleiben fast alle aus Mangel an Mitteln unausgeführt, und erst nach Jahren, wenn die Industrie viel Geld fruchtlos ausgegeben und das Ausland einen Vorsprung hat, kommt die Aufgabe verspätet an die Hochschule zurück. Die Maschinen-Industrie ist es, die hier langjährige Unterlassungssünden gutmachen könnte und müßte. Ein nicht zu unterschätzender Bundesgenosse sind in dieser Richtung die Gerichte, die die Hochschullehrer mit der Erstattung gerichtlicher Gutachten beauftragen. Eine Fülle von Lehrmaterial und Anregungen werden aus diesen gewonnen, die von manchen Seiten angestrebte Einschränkung der Gutachter-Tätigkeit der Hochschullehrer wäre für alle Beteiligten von großem Schaden, es ist im Gegenteil eine Erweiterung dieser Tätigkeit erwünscht.

Maschinen und Geräte der Landwirtschaft.

Große und kleine Fabriken haben sich schon vor 25 Jahren mit dem Bau von Maschinen und Geräten für die Landwirtschaft beschäftigt. Wenn wir hier von einem Fortschritte sprechen wollen, so ist es die Zahl der verwendeten Maschinen und leider die vermehrte Einfuhr derselben aus dem Auslande. Die Formen haben sich gerade in bezug auf die größeren Maschinen nicht in dem Maße entwickelt, wie es die heutigen Hilfsmittel der Maschinen-Industrie gestattet hätten. Immer noch steht der Koloß des alten Fowlerschen Maschinenpfluges am Rande des Ackers, schwerfällig wälzt sich

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 556. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/119&oldid=- (Version vom 20.8.2021)