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und die dadurch wieder angeregte Vervollkommnung des Dampfmaschinen-Antriebs an Betriebssicherheit, genauer Fahrt und Abkürzung der Fahrpausen außerordentlich zugenommen hat, darf heute Fördergut mit einer Geschwindigkeit von 20 m, Menschen mit 10 m in der Sekunde heben und absenken. Dadurch leistet ein Schacht jetzt das Zwei- bis Dreifache gegen früher, daher genügt ein Schacht, und das für ihn aufgewendete sehr große Kapital, für die zwei- bis dreifache Abbaufläche.

Pumpen, Kompressoren, Gebläse. Flüssige und verdichtete Gase.

Die Maschinen zum Fortbewegen von Gasen und Flüssigkeiten und zur Erzeugung von Druck in Gasen und Flüssigkeiten sind, soweit es sich um früher schon gebräuchliche Formen und Anwendungen handelte, verbessert und für größere Umlaufzahlen brauchbar gemacht worden. Neue Erscheinungen sind: die auf Grund theoretischer Untersuchungen konstruierten Rotations-Gebläse für Drücke bis zu 500 mm Wassersäule für Bergwerkbewetterung, Hüttenwerke u. a., ferner die Hochdruck-Zentrifugal-Wasserpumpen und die Turbokompressoren. Die letzteren erzeugen schon bis zu 8 Atm., eignen sich aber nur für große Leistungen. Beide Gattungen ermöglichen die unmittelbare Kupplung mit Elektromotoren und Dampfturbinen und sind aus diesem Grunde in gewissen Bereichen den Kolbenmaschinen überlegen. Die Maschinen zur Erzeugung und Wiederaufhebung von Druck in bestimmten einstellbaren Grenzen in Gasen und Flüssigkeiten haben zu einer eigenartigen, vor 25 Jahren durch die Kälteerzeugungsmaschinen angebahnten, aber inzwischen hochentwickelten Industrie von großer wirtschaftlicher Bedeutung geführt, nämlich zur Verflüssigung von Gasen und Versendung derselben in flüssiger Form unter hohem Druck und gewöhnlicher Temperatur in Stahlflaschen oder unter gewöhnlichem Druck und niederer Temperatur in offenen, gegen Wärmeaustausch durch Vakuumzwischenräume und Versilberung der Oberflächen geschützten Gefäßen. Ferner zur Trennung des Gasgemisches der Luft in Sauerstoff und Stickstoff (und außerdem noch zur Gewinnung der in der Luft enthaltenen sog. Edelgase) auf dem Umwege der Verflüssigung und fraktionierten Verdampfung der Luft. Vor 25 Jahren noch nicht viel mehr als ein physikalisches Experiment, ist dies heute eine Industrie. Der Sauerstoff, entweder gleich am Ort verwendet oder gasförmig unter hohem Druck (150 bis 200 Atm.) in Stahlflaschen versandt, ermöglicht die Beschleunigung einer Reihe von Oxydationsprozessen unter Erhöhung der bislang erreichbaren Temperaturen, der reine Stickstoff ermöglicht die Vornahme einer Reihe von Operationen, bei welchen die Anwesenheit von Sauerstoff störende oder gefährliche Oxydationserscheinungen hervorrufen würde. Ferner wird der aus der Luft gewonnene reine Stickstoff in Stickstoffverbindungen zur künstlichen Bodendüngung übergeführt. Welch ungeheure Bedeutung dies gerade für Deutschland hat, auch neben den anderen künstlichen Düngern, geht aus dem ungeheuren Überschuß der Einfuhr von Lebensmitteln über die Ausfuhr von solchen hervor. Wenn einesteils angesichts dieses Überschusses patriotisch gesinnte Männer die Begünstigung der Ausfuhr von Lebensmitteln, besonders von Getreide, für eine Schädigung

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 551. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/114&oldid=- (Version vom 20.8.2021)