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zu einem, bei Kolbenmaschinen nicht erreichbaren Vakuum arbeitenden Niederdruckturbinen nützen den Abdampf periodisch arbeitender Kolbenmaschinen, nachdem er in Wasser, das sich unter entsprechendem Siededrucke hält, aufgespeichert war, in weitgehender Weise aus.

Die Verbrennungskraftmaschine war um 1890 als einfach wirkende Viertaktmaschine von nach unseren heutigen Begriffen kleineren Leistungen weit verbreitet. Versuche, in der Maschine Öle zur Verbrennung zu bringen, waren im Gange, teilweise schon in die Praxis eingeführt, aber noch mit geringem Erfolge. Inzwischen haben der Dieselmotor und eine Reihe anderer, sich an ihn anlehnende Konstruktionen die Aufgabe für einige leichtere Öle glänzend gelöst und die Lösung der Aufgabe, auch schwerere Öle für Krafterzeugung zu verwenden, ist nahezu gelungen. Der Zweitakt-Motor hat seine Wirtschaftlichkeit und Betriebssicherheit bewiesen. Neben den, die ganze Brennstoffladung auf einmal zur Entzündung bringenden Motor ist der, die Ladung unter gleichbleibendem Druck nach und nach verbrennende Gleichdruckmotor getreten. Überall da aber, wo billiges Gas oder große Mengen minderwertigen Gases zur Verfügung stehen, z. B. in Hüttenwerken, hat die zweifachwirkende Großgaskraftmaschine eine von großen wirtschaftlichen Erfolgen begleitete Umwälzung der Betriebsweise der Werke hervorgerufen. Auch hier leistet jetzt eine große Maschine soviel tausend Pferdestärken als um 1890 die größten Maschinen hundert leisteten.

Versucht ist die Lösung der Frage der Verbrennungs-Turbinen. Unterwegs und von großer Wichtigkeit, besonders für die Heeresverwaltung, die Aufgabe der Öl-Verbrennungs-Lokomotive.

Bei den Wasserkraftmaschinen ist mit der Vertiefung ihrer theoretischen Berechnungsweise die Zahl der vielen Konstruktionsarten auf einige wenige zusammengeschrumpft. Dies hat den Vorteil, daß die Kräfte der Industrie und der Wissenschaft hinsichtlich des Baues und der Berechnung auf wenige Arten verdichtet werden und dadurch fruchtbarer wirken. Neue Arten sind nicht geschaffen worden, aber die wenigen übrig gebliebenen sind wesentlich vervollkommnet, für größere Leistungen und größere Gefälle brauchbar gemacht. Die Francisturbine für große Wassermengen (bis zu 40 Sekunden-Kubikmetern in einem Rade) und kleinere Gefälle und die Peltonräder für große Gefälle (bis zu 1500 m in einer Radstufe) beherrschen heute das Feld. Die schwierigen Vorrichtungen zur Regulierung der Turbinen auf bestimmte Umlaufzahlen, die besonders beim Arbeiten mehrerer von Turbinen angetriebener Dynamomaschinen von Wichtigkeit sind, und die zeitweise Anpassung an andere Wasserverhältnisse sind mit besonderer Sorgfalt ausgebaut worden. Die Leistung einer großen modernen Turbinenanlage hat sich gegenüber der Leistung einer vor 25 Jahren schon als recht stattlich angesehenen Anlage nahezu verhundertfacht. Die inzwischen geschaffene Möglichkeit, elektrische Arbeit auf große Entfernungen über Land zu leiten, hat gestattet, die großen, in abgelegenen Gebirgstälern mit großem Schaden für die Vegetation abstürzenden Wassermassen der menschlichen Kultur dienstbar zu machen. Der weitere Ausbau der Wasserführungen, besonders die sich von Jahr zu Jahr mehrenden Talsperren werden, wenn hierin weiterhin großzügig und mit großem Kapital vorgegangen

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 545. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/108&oldid=- (Version vom 20.8.2021)