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der Tanganjikasee erreicht und mit der Küste durch den Schienenstrang verbunden sein, während der Bahnbau im Norden Ostafrikas, ebenso wie in Kamerun, leider nur langsam fortschreitet. Immerhin verfügten unsere afrikanischen Schutzgebiete Ende 1912 über 3800 km Schienenwege gegen noch nicht 500 im Jahre 1904. Mit jedem Kilometer, den die Bahnen ins Innere vorrücken, wachsen die Aussichten für die Anlagen rentabeler Pflanzungs- und Farmbetriebe und Eingeborenen-Kulturen ebenso, wie für den Absatz heimischer Industrieprodukte. Daher darf auch nach Vollendung der in Angriff genommenen Bahnbauten kein Stillstand eintreten; es kann sich höchstens um eine Ruhepause handeln, bis neue Projekte gründlich geprüft sind, wie dies auch neuerdings von der derzeitigen Leitung der Kolonialverwaltung ausdrücklich anerkannt ist. Für die Erweiterung der Bahnnetze muß in erster Linie der Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Erschließung maßgebend und auch bei Normierung der Tarife ausschlaggebend sein; zugleich muß aber auch auf eine absehbare Rentabilität der Anlage berücksichtigt werden. Doch können auch andere Gründe in den Vordergrund treten. So macht z. B. in Südwestafrika die Beschaffung von Arbeitern den Bau einer Bahn nach dem Ovambolande unbedingt notwendig. Auch nationale Gesichtspunkte können in Betracht kommen. Gerade in der letzten Zeit hat es sich wieder herausgestellt, ein wie dringendes Bedürfnis es ist, daß der Norden und Nordwesten von Deutschostafrika endlich unabhängig von der englischen Ugandabahn gemacht wird. Triftige national-politische und militärische Gründe erfordern dies.

Eingeborenen-Fürsorge.

Die gesteigerte Fürsorge für die Eingeborenen zeigt sich nicht nur in der größeren Förderung der Eingeborenen-Kulturen, sondern auch in einer Reihe sanitärer Maßnahmen, wie strengere gesundheitspolizeiliche Kontrolle, Verhütung und Bekämpfung ansteckender, gemeingefährlicher Krankheiten (Malaria, Wurmkrankheit, Rückfallfieber) und vor allem in dem mit großer Energie unter Aufwendung sehr erheblicher Mittel zunächst in Ostafrika, dann auch in Kamerun und Togo aufgenommenen Kampf gegen die verheerende, ganze Distrikte entvölkernde Schlafkrankheit; ferner in dem Erlaß von inzwischen teilweise abgeänderten Anwerbe- und Arbeiter-Verordnungen der Eingeborenen in Ostafrika und Kamerun, in Arbeiterschutzbestimmungen für die beim Bahnbau in Kamerun beschäftigten Eingeborenen, in der Ernennung von Eingeborenen-Kommissaren, sowie in einer Revision der Bestimmungen über die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit und der Disziplinargewalt.

Die im Interesse der Eingeborenen getroffenen sanitären Maßnahmen kommen zum überwiegenden Teil auch den Weißen zustatten, so z. B. die gesundheitspolizeiliche Beaufsichtigung und Reinhaltung der Karawanenstraßen und die Bekämpfung der obenerwähnten Seuchen. An den Hauptweißenzentralen der Tropen, wie Daressalam, Tanga, Duala, Lome, wurde der Kampf gegen die Malaria mit besonderer Energie aufgenommen und die Vernichtung der Anopheles systematisch und mit gutem Erfolge betrieben. Das Sanitätspersonal wurde nach und nach erheblich vermehrt, für Neubau und Erweiterung von Lazaretten und Laboratorien wurden größere Mittel eingestellt.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 434. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/450&oldid=- (Version vom 12.12.2020)