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hier nur der später so bedeutungsvoll gewordenen von Stuhlmann mit Manihot-Kautschuk im Donde-Lande Ende der neunziger Jahre unternommenen gedacht –, so wurde diesem Übelstande doch erst gründlicher durch das unter dem Grafen Götzen geschaffene und eröffnete, allerdings schon mehrere Jahre früher vom Gouverneur Liebert geplante Biologisch-Landwirtschaftliche Institut zu Amani abgeholfen, durch das den damals schwer um ihre Existenz kämpfenden Kaffeepflanzern eine Förderung zuteil und gleichzeitig rentable Ersatz- und Ergänzungskulturen ausfindig gemacht werden sollten. Unter den Eingeborenenprodukten, welche die Hauptausfuhrartikel für eingeführte europäische Waren darstellten, spielten Elfenbein, Handelskautschut und Sesam die größte Rolle. Günstiger, als in Ostafrika lagen die Verhältnisse in Kamerun. Hier wurde vor allem die Kakaokultur gepflegt, die namentlich im Bezirk Viktoria auf dem vulkanischen Boden gute Erträge lieferte, wobei den weißen Pflanzern sehr zustatten kam, daß hier schon 10 Jahre früher, als in Ostafrika auf Veranlassung des damaligen Gouverneurs Freiherrn v. Soden ein Botanischer Garten eingerichtet worden war, der sich unter einem wissenschaftlich und praktisch gleich tüchtigen Leiter aus kleinen Anfängen zu der späteren Versuchsanstalt für Landeskultur entwickelte. In Neuguinea wurde dagegen mit dem Hauptanbauprodukt, dem Tabak, kein irgendwie nennenswerter Erfolg erzielt, während die dort, im Bismarckarchipel und auf den Marschallsinseln, heimische, aber erst nach etwa 7 Jahren in Ertrag kommende Kokospalme gut gedieh. In Südwestafrika ging die Besiedelung durch Weiße aus den schon oben gekennzeichneten Gründen sehr langsam vonstatten; es kam dazu, daß die Sicherheit fortgesetzt durch Eingeborenenunruhen gefährdet und gestört wurde. Aus diesem Grunde hatte Major v. François Anfang der neunziger Jahre im Einvernehmen mit der Siedelungsgesellschaft unter dem direkten Schutz der Garnison des Hauptortes das Klein-Windhuker-Tal mit deutschen Familien besiedelt. Die dortigen, nur wenige Hektar umfassenden sog. Klein-Siedelungen haben sich durch den Fleiß und die Energie ihrer Besitzer nach manchen schweren Jahren mit der Zeit zu blühenden Anwesen entwickelt. Die Entwicklung der Eingeborenen-Kulturen in den tropischen Kolonien, der von seiten der Behörde damals nur geringe Förderung zuteil wurde, war wesentlich von den politischen Verhältnissen bedingt. Am günstigsten lagen in dieser Beziehung die Verhältnisse in Togo, wo dank der friedlichen und arbeitsamen Eingeborenenbevölkerung kriegerische Erschütterungen vermieden wurden, und daher, wie die allgemeine, so auch die wirtschaftliche Entwickelung einen steigenden und befriedigenden Verlauf nahm.

Handel.

Durch den Gang der wirtschaftlichen Entwickelung wurde auch der Ein- und Ausfuhrhandel naturgemäß ungünstig beeinflußt. Ende der neunziger Jahre, nach 15jährigem Bestehen unserer Herrschaft, hatte der Gesamthandel unserer Schutzgebiete noch nicht einen Wert von 60 Millionen M. erreicht, wovon die Ausfuhr wiederum noch nicht ein Drittel betrug. An letzterer waren Sisal mit 1, Kautschuk und Ölfrüchte mit je 7, Baumwolle mit wenig über ½ Mill. M. beteiligt, während die Kakaoausfuhr einen Wert von 1¼ Million, die des Kaffees von noch nicht ganz ½ Million ausmachte.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 422. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/438&oldid=- (Version vom 16.9.2020)