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6. Ist es nicht nötig, das Gesetz in ein richtiges Verhältnis zu den Feld- und Forstdiebstahlsgesetzen zu bringen? Denn für diese gilt der Paragraph jetzt nicht, obwohl gerade diese Entwendungen am häufigsten aus Not begangen werden. Für deren gewöhnliche, leichtere Fälle mag man freilich wegen der geringen Strafdrohung ein Bedürfnis verneinen können, obgleich auch da der Unterschied der Notwendigkeit eines Antrags eine Rolle spielt. Bei den schwereren Fällen der Feld- und Forstentwendung steht aber jetzt die Sache so, daß sie, wenn sie aus Not verübt sind, schwerer bedroht sind, als selbst der bisherige schwere Diebstahl, der unter § 248 a fällt.

Auf alle diese Fragen wird die Zukunft eine Antwort finden müssen, geeignetenfalls durch eine Änderung des Gesetzes, die juristisch keine Schwierigkeiten machen würde. Daß ein Teil der hervorgehobenen Bedenken auch gegenüber dem neuen § 264 a gilt, versteht sich von selbst. Endlich zeigt schon das Urteil des RG. Entsch. XLVI., 376, daß die neue Fassung auch des § 3705 StGB. nicht einwandfrei ist.

Nebengesetzgebung.

Viel öfter und mannigfacher hat während der Berichtsperiode die sogenannte Nebengesetzgebung in das Gebiet des Strafrechts eingegriffen. Weil diese Gesetze aber fast durchweg ihren Schwerpunkt in ganz anderen Gebieten haben und nur durch die herkömmliche und freilich meist auch notwendige Ausstattung mit einigen Strafdrohungen in den Bereich des Strafrechts übergreifen, sollen sie hier nicht alle im einzelnen aufgezählt, sondern der Darstellung bei denjenigen Materien überlassen werden, zu denen sie ihrem Hauptinhalt nach gehören. Nur an die strafrechtlich wichtigsten von ihnen sei hier erinnert. Es sind, von 1888 angefangen

a) von Reichsgesetzen

Reichsgesetze.

außer vielen wichtigen Novellen zu früheren Gesetzen:[1] das Patentgesetz vom 7. April 1891 (RGBl. S. 79), das Telegraphengesetz vom 6. April 1892 (RGBl. S. 467) mit der Novelle vom 7. März 1908 (RGBl. S. 79), das Gesetz zum Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 (RGBl. S. 441), das Börsengesetz vom 22. Juni 1896/8. Mai 1908 (RGBl. 1896 S. 157, 1908 S. 183), das Gesetz, betr. die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Wertpapiere vom 5. Juli 1896 (RGBl. S. 183), das Gesetz, betr. das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897 (RGBl. S. 463), das Hypothekenbankgesetz vom 13. Juli 1899 (RGBl. S. 375), das Gesetz, betr. die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten vom 30. Juni 1900 (RGBl. S. 306), das Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901 (RGBl. S. 139), die Urheberrechtsgesetze von 1901 und 1907 (RGBl. 1901 S. 217, 227, 1907 S. 7), die verschiedenen Steuergesetze, das Reichsvereinsgesetz vom 19. April 1908 (RGBl. S. 151), das Weingesetz vom 7. April 1909 (RGBl. S. 393), das Gesetz, betr. den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 (RGBl. S. 437), das Münzgesetz


  1. Z. B. die zahlreichen Novellen zur Gewerbeordnung, die Novelle zum Postgesetz, zum Bankgesetz, zum Nahrungsmittelgesetz.
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/306&oldid=- (Version vom 4.8.2020)