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einer neuen Kriegsschule und neuer Unteroffiziersschulen, Vergrößerung der Kadettenanstalten u. a. m. Der Betrag hierfür wird im ersten Jahre auf 435, im zweiten auf 286, im dritten auf 178, im ganzen also auf rund 900 Mill. M. sich stellen. Ferner sind 15 Millionen erforderlich, um einen Silberschatz von 120 Millionen einzurichten. Schon im Voranschlag von 1913/14, der zum erstenmal 3 Milliarden M. übersteigt, zeigt sich die Wirkung; denn gegen 1912, bei der Flotte gegen 1911, weisen die ordentlichen Ausgaben der Heeresverwaltung eine Mehrung um rund 100, die der Flotte um 32 Mill. M., die einmaligen Ausgaben eine solche um 438 bzw. 55 Mill. M. auf. Mit dieser Vorlage sah sich allerdings, wie der Staatssekretär des Reichsschatzamtes in seiner einleitenden Rede sagte, die Reichsfinanzverwaltung vor eine Aufgabe gestellt, wie sie ihr schwerer seit dem Bestehen des Reiches nie gestellt worden ist. Auch die größte Heeresvorlage habe bisher an fortlaufenden Ausgaben nur einen Bruchteil der neuen erfordert; und was die einmaligen Ausgaben anlangt, so hätten sie bei sämtlichen bisherigen Vorlagen zusammen nicht annähernd an den jetzigen Bedarf herangereicht.

Die Ausgaben der Zivilverwaltung.

Die Ausgaben für das Auswärtige Amt haben seit 1888 von 8,56 auf 18,72 Mill. M. zugenommen. Die Mehrung ist verursacht teils durch eine Ausgestaltung der diplomatischen Vertretung, wie die wachsende Verflechtung des Reiches in den internationalen Verkehr sie erfordert, teils durch größeren Personalbedarf im Auswärtigen Amt, teils durch Förderung allgemeiner Kulturzwecke: Dotationen für deutsche wissenschaftliche Forschungen, Anstalten und Schulen im Ausland, Entsendung landwirtschaftlicher Sachverständiger und Anstellung von Handelssachverständigen bei deutschen Konsularämtern.

Eine besonders starke Steigerung hat der Bedarf für die Kolonialverwaltung erfahren. Zwar sind die Ausgaben der Zentralverwaltung relativ niedrig, 1912: 2,89 Mill. Mark; dagegen hat die Fruchtbarmachung der Schutzgebiete große einmalige und außerordentliche Aufwendungen erforderlich gemacht; in der Zeit von 1896–1912 sind es 376,96 Mill. M. oder 22,17 pro Jahr. An eigentlichen außerordentlichen Ausgaben im budgetrechtlichen Sinne gehört aus den früheren Jahren nur hierher der Betrag von 16,75 Mill. M., der 1889 für den Ankauf der spanischen Karolinen-, Palau- und Marianeninseln aufgewendet wurde. Dazu kommen dann noch verschiedene Ausgaben für Sicherung der Schutzgebiete und Niederwerfung von Aufständen. Die Expedition in das ostafrikanische Schutzgebiet in den Jahren 1905/06 erforderte 273 300 M., die in das südwestafrikanische 1903/06 218,41 Mill. M. Rund 151 Mill. M. betrugen die einmaligen Ausgaben für Kiautschou. Deutschland macht mit seinen Kolonien eben dieselbe Erfahrung, wie sie mehr oder weniger alle kolonisierenden Staaten machen mußten: es wird nur dann ein Gedeihen zu erwarten sein, wenn genügend Kapital und Arbeit in ihnen investiert wird. Es kommt dazu, daß die Erträge aus unseren Kolonien überhaupt nicht so reichlich fließen werden, da sie weder reine Ackerbaukolonien noch reich ausgestattete Kultivationsgebiete sind. Zunächst erfordern sie nahezu alle nicht unbedeutende Zuschüsse. Aber wir wären heute schon weiter, wenn diese Zuschüsse gleich

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/256&oldid=- (Version vom 4.8.2020)