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und insbesondre ist hierdurch auch die Herstellung der erforderlichen Eisenbahnlinien für die Verteidigung der Grenzen und den Aufmarsch des Heeres gesichert.

Parallel der Besoldungsgesetzgebung für die Beamten ist auch für das Heer eine umfassende neue gesetzliche Ordnung des Besoldungs- und Pensionswesens, einschließlich des sog. Servistarifes erfolgt (Pensionsgesetze von 1906, das Gesetz über Versorgung der Kriegsinvaliden von 1911 u. a. m.).

2. Militärstrafgerichtsordnung.

Eine vollständige Neuordnung erfuhr im Jahre 1898 die Militärstrafgerichtsordnung unter Beseitigung der veralteten Gesetzgebung von 1845. Die vielfach befürchteten Gefahren einer Gefährdung der Disziplin durch diese Neuregelung der Militärstrafgerichtsbarkeit nach den modernen Grundsätzen der Öffentlichkeit und Mündlichkeit haben sich nicht bewahrheitet; das neue System der Militärstrafgerichtsbarkeit darf als bewährt bezeichnet werden. Die große Streitfrage bei Erlaß des Gesetzes, ob für Bayern kraft Reservatrechtes ein eigener oberster Gerichtshof zu errichten sei, wurde durch gegenseitiges Entgegenkommen dahin geordnet, daß ein besonderer bayrischer und vom König von Bayern zu besetzender Senat des Reichsmilitärgerichtes in Berlin (Sondergesetz von 1899) errichtet wurde.

3. Rechtliche Probleme der Luftschiffahrt.

Große und schwere neue Probleme militärischer und rechtlicher Art hat die Entwickelung der Luftschiffahrt gestellt. Die Lösung der rechtlichen Probleme dieses neuen Verkehrsmittels, das die größte technische Erfindung der Neuzeit darstellt, steht noch in den ersten Anfängen und wird nach vielen Richtungen kaum anders als in internationalen Rechtsformen erfolgen können. Als Grundlage des Luftschiffahrtsrechtes wird deutscherseits jedenfalls der Satz festgehalten werden müssen – entgegen der anfänglich besonders von französischer Seite vertretenen Rechtsanschauung, die Luft sei wie das Meer res communis omnium –, daß der Luftraum über dem Staatsgebiet als integrierender Bestandteil des Staatsgebietes zu gelten hat. Die Gesetzgebung des Reiches hat sich bis jetzt mit der Luftschiffahrt nur insoweit befaßt, als die Rechtspflicht des Reiches anerkannt wurde (1912), verunglückten militärischen Luftfahrern bzw. deren Hinterbliebenen Hilfe und Entschädigung zu gewähren (Luftdienstzulage).

4. Kriegsflotte.

Hinsichtlich der Kriegsflotte sei an dieser Stelle nur bemerkt, daß alsbald nach der Thronbesteigung Kaiser Wilhelms II. im Jahre 1889 die bis dahin bestandene Verbindung von Kommandogewalt und Marineverwaltung im Reichsmarineamt (Kaiserliche Admiralität) aufgehoben und das Reichsmarineamt ausschließlich als oberste Verwaltungsbehörde der Kriegsmarine eingerichtet wurde, indes alle Angelegenheiten der Kommandogewalt, insbesondre die Stellenbesetzung, nur dem obersten Kriegsherrn vorbehalten blieben und hierfür eine besondere Arbeitsstelle in dem Marinekabinett des Kaisers geschaffen wurde. Der dermalige Stand der deutschen Kriegsflotte ergibt sich aus der Gesetzgebung von 1912, welche eine Zeitklausel,

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/168&oldid=- (Version vom 4.8.2020)