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vom 2. Juli 1890. Dem segensreichen Vorgehen Englands in dieser großen Menschheitsfrage seit Anfang des 19. Jahrhunderts folgend haben im Laufe des 19. Jahrhunderts alle zivilisierten Staaten, an ihrer Spitze die Großmächte, an der Bekämpfung der Sklavenjagden und des Sklavenhandels werktätigen Anteil genommen. Den heutigen Stand der Sache stellt die große Antisklavereiakte von 1890 dar, die für das Deutsche Reich ihre notwendige Ergänzung in den 1895 erlassenen Strafvorschriften über Sklavenraub und Sklavenhandel findet.

Mädchenhandel. Unsittliche Veröffentlichungen.

Allgemeinen Kulturinteressen der Menschheit dienen ferner die unter lebhafter Mitarbeit des Deutschen Reiches in Paris zustande gekommenen Staatsverträge (1904) über wirksame Bekämpfung des Mädchenhandels, sowie über die Verhinderung unsittlicher Veröffentlichungen (1910); kraft beider Abkommen wurden in allen Vertragsstaaten – mit wenigen Ausnahmen gehören sämtliche Staaten der Welt heute schon dem Verbande an, auch Rußland seit 1910 – besondere Behörden eingerichtet, die sich gegenseitig in dem Kampfe gegen Mädchenhandel und unsittliche Veröffentlichungen durch Vermittelung der erforderlichen Nachrichten zu unterstützen verpflichtet sind; kraft des ersten Abkommens verpflichteten sich die Staaten ferner, einen besonderen Überwachungsdienst auf Bahnhöfen, in Einschiffungshäfen und auf der Fahrt gegen verdächtige Personen einzurichten und von den Spuren „verbrecherischen Geschäftstreibens“ dieser Art sich gegenseitig Nachricht zu geben, auch die Opfer solchen verbrecherischen Treibens zu unterstützen und heimzubefördern; die Geschäfte, „die sich damit befassen, Frauen und Mädchen Stellen im Auslande zu vermitteln“, sollen „innerhalb der gesetzlichen Grenzen nach Möglichkeit“ überwacht werden.

Vogelschutz.

Gleichfalls allgemein menschlichen Interessen dient die vertragsmäßige Vereinbarung über den Vogelschutz von 1902, durch welche eine Anzahl von Staaten sich verpflichtet haben, die der Landwirtschaft nützlichen Vögel unter besonderen Schutz zu stellen „derart, daß es verboten sein soll, sie zu irgendeiner Zeit und auf irgendeine Art zu töten sowie ihre Nester, Eier und Brut zu zerstören“, insbesondere aber Veranstaltungen zum Massenfang oder der Massentötung solcher Vögel zu treffen. Dem Staatsvertrage ist ein hochinteressantes Verzeichnis sowohl der nützlichen als der schädlichen Vögel beigefügt. Die zur Durchführung dieser Vorschriften erforderliche Strafgesetzgebung hatte das Deutsche Reich bereits durch das Vogelschutzgesetz von 1888, neue Fassung von 1908, gegeben; für die Staaten, die eine solche Gesetzgebung noch nicht hatten, wurde im Staatsvertrag eine dreijährige Frist zu deren Erlaß bestimmt. Das deutsche Gesetz enthält ein generelles Verbot des Vogelfanges und gestattet nur bestimmte Ausnahmen für Vögel in Privateigentum, für die landesrechtlich als jagdbar anerkannten Vögel und für bestimmt aufgeführte schädliche Vögel. Von den Großmächten haben bis jetzt nur das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn und Frankreich, außerdem Belgien, Schweiz,

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/164&oldid=- (Version vom 9.3.2019)