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haben außer Kiautschou, das von Marinetruppen besetzt ist, Südwestafrika (seit 1895), Ostafrika (seit 1891) und Kamerun (seit 1895); die Rechtsverhältnisse der Schutztruppen sind durch eine besondere Gesetzgebung, die sich an die Gesetzgebung über das Reichsheer anlehnt, geordnet (neue Fassung 1896). Auch die Schutztruppen stehen selbstverständlich unter dem Oberbefehle des Kaisers; neuerdings (1909) ist auch das Militärstrafgesetzbuch für die Schutztruppen eingeführt worden. – Der Gedanke, die besonderen Schutztruppen einzelner Kolonien zu einer einheitlichen Kolonialarmee wie in Frankreich zusammenzufassen, scheint zurzeit noch nicht zu eingehender Erwägung reif zu sein. – Togo und die Südseekolonien haben vorerst nur Polizeimannschaften.

Kolonialbeamte.

Eine besondere Regelung haben die Verhältnisse der Kolonialbeamten durch Gesetz 1910 gefunden. Das Gesetz beruht auf den Grundgedanken des allgemeinen Reichsbeamtengesetzes von 1873 und gibt diesem nur die durch die besonderen Verhältnisse der Kolonien gebotenen Ergänzungen.

Landwirtschaftsbank.

Für Südwestafrika wurde 1913 durch kaiserliche Verordnung eine Landwirtschaftsbank errichtet zur Förderung der Landwirtschaft durch Gewährung von Darlehen nach Maßgabe der von Reichswegen erlassenen Satzungen; die Bank steht unter Aufsicht des Reichskanzlers und kann Schuldverschreibungen auf den Inhaber ausgeben.

Siehe im übrigen den Abschnitt „Kolonien“.

8. Auswärtige Angelegenheiten.

Die auswärtigen Angelegenheiten des Deutschen Reiches erfahren ihre Würdigung in anderem Zusammenhange. Insbesondere gilt dies von den beiden Staatsverträgen mit Frankreich, durch welche die brennende Marokkofrage im Herbst 1911 ihre friedliche Erledigung gefunden hat. Ebenso bedarf die Mitarbeit des Deutschen Reiches an den beiden großen Haager Friedenskonferenzen in den Jahren 1899 und 1907, deren äußeren rechtlichen Ausdruck eine Reihe von Staatsverträgen über verschiedene Materien bildet, einer besonderen Betrachtung. An dieser Stelle seien aus dem Gebiete der auswärtigen Angelegenheiten nur folgende einzelne Punkte, die mit der hohen Politik keinen Zusammenhang haben, hervorgehoben:

Konsularwesen.

Die Ausbildung des deutschen Konsularwesens hat einen von Jahr zu Jahr, entsprechend der gewaltigen Entwickelung der deutschen Industrie und des deutschen Handels, steigenden Umfang angenommen; insbesondere sind zahlreiche neue Berufskonsulate in allen Teilen des Erdkreises errichtet worden. Mit einer Reihe von Staaten sind besondere Konsularverträge zur Ordnung der Materie abgeschlossen worden. Die Konsulargerichtsbarkeit hat im Jahre 1900 im Zusammenhang mit den großen Neugestaltungen der Rechtspflege im Reiche selbst, die seit Erlaß des ersten Konsulargerichtsgesetzes (1879) erfolgt waren, eine Neuregelung erfahren, die allerdings an der bisherigen Organisation der Konsulargerichtsbarkeit

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/162&oldid=- (Version vom 31.7.2018)