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Blutscheuende aber belangen einander injuriarum[1], und wenn ein Niederer einen Höhern schimpft, so kömmt ersterer gemeiniglich sehr schlecht an, ja ein Schimpfender, der höchste Personen anzugreifen wagt, setzt sich der großen Gefahr aus, als Majestätsverbrecher verurtheilt zu werden.

Schimpft aber ein Höherer einen Niedern, so ist das eine ganz andere Sache. Der große Welt- und Menschenkenner v. Moser (S. dessen moralische und politische Schriften 1. B. p. 432. 433.) sagt:

„Die Hofleute müssen sich oft von einem unartigen Herrn tausend Unanständigkeiten, hundert Schimpfwörter, über deren einen sie sich unter einander den Hals würden brechen wollen, gefallen lassen, keins wird es übel nehmen; ja! wer wird das übel nehmen? das ist eine Ehre, eine große Gnade, ein Zeichen der Vertraulichkeit, der Herr traktirt einen en ami.“

Das eben Angeführte mag wohl zu Mosers Zeiten ganz wahr gewesen sein, paßt aber nicht mehr auf die Gegenwart, und was man damals als Regel betrachtete, möchte wohl jetzt zu den

sehr seltenen Ausnahmen gehören. Wir verehren

  1. Man kann eines sonst sehr unschuldigen Wortes wegen sehr leicht in einen Injurienproceß verwickelt werden. (S. Allgem. Anzeiger der Deutschen. 1839. No. 3.).
Empfohlene Zitierweise:
F. Meinhardt: Deutsches Schimpfwörterbuch oder die Schimpfwörter der Deutschen. Buchhandlung von F. Meinhardt, 1839, Seite XVII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsches_Schimpfw%C3%B6rterbuch_oder_die_Schimpfw%C3%B6rter_der_Deutschen.pdf/22&oldid=- (Version vom 8.9.2022)