Seite:Deutscher Liederhort (Erk) 318.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
144a. Die Brombeeren.


Mäßig. Oesterreichisch.
Noten
Noten


1.
Es wollt ein Mädl wol früh aufstehn,

dreiviertel Stund vor Tag;
wollt in den Wald spazieren gehn,
hm hm hm, spazieren gehn,
und Brombeer brocken ab.

2.
Und wie sie zu dem Wald hingeht,

begegnet ihr sJägers Knecht:
„Ei Mädl, pack dich aus dem Wald,
hm hm hm, ja aus dem Wald!
meim Herrn dem ists nicht recht.“

3.
Und als sie in den Wald nein kam,

begegnet ihr sJägers Sohn:
„Ei Mädl, willst du Brombeer brockn?
hm hm hm, ja Brombeer brockn?
brock dir dein Körberl an.“

4.
Da gabs so viele Brombeer,

sie brockt wol bis in dNacht:
„Ei Mädl, sinds nicht recht süße?
hm hm hm, ja süße?
doch nimm dich vor sie in Acht!“ –

5.
Es stund kaum an ein Viertljahr,

die Brombeer wurden groß;
es stund kaum an ein halbes Jahr,
hm hm hm, drei Vierteljahr –
ein Kind saß ihr auf der Schooß.

6.
Und als der Jäger zur Thür rein kommt,

ihre Augen wurden naß.
„Ei Mädl, sind das die Brombeer,
hm hm hm, ja Brombeer,
die wir abbrockt uns habn?“ –

7.
Und der ein ehrlichs Mädl will habn,

der schickt sie nicht in Wald;
der schick sie um keine Brombeer,
hm hm hm, ja Brombeer,
verführet sind sie bald.

(J. G. Büsching, „Wöchentliche Nachrichten etc. IV. B. Breslau 1819.“ S. 85. Hier mit kleinen Berichtigungen wiedergegeben.)

1. Abbrocken, österr. åhbrokn, abpflücken. – 5, 5. Vgl. Liederhort. S. 10.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_318.jpg&oldid=- (Version vom 27.10.2019)