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139. Reigentanz.


Mäßig. Mündlich, aus der Umgegend von Bonn.
(Kessenich, Poppelsdorf etc.)
Noten
Noten


1.
Nimm sie bei der schneeweißen Hand

und führ sie in den Rosenkranz.
Blau blau Blumen auf meinem Hut,
hätt ich Geld und das wär gut,
Blumen auf meim Hütchen.

2.
Jungfer, ihr sollt tanzen

in diesem Rosenkranze!
Blau blau Blumen etc.

3.
Jungfer, ihr sollt küssen!

das thät die Jungfer lüften.
Blau blau Blumen etc.

4.
Jungfer, ihr sollt nichen!

das thät die Jungfer strichen.
Blau blau Blumen etc.

5.
Jungfer, ihr sollt scheiden!

das thät der Jungfer leide.
Blau blau Blumen etc.

6.
Jungfer, ihr sollt draußer gehn!

ein Ander soll darinne stehn!
Blau blau Blumen auf meinem Hut,
hätt ich Geld und das wär gut,
Blumen auf meim Hütchen.

Erinnert an ein berühmtes Lied Walthers von der Vogelweide:

Nehmt, Fraue, diesen Kranz,
so zieret ihr den Tanz
mit den schönen Blumen u. s. w. (Lachmann. 74.)

Vgl. auch Firmenich, „Germaniens Völkerstimmen.“ I, 460. (Bloh bloh Fingerhoot etc.) – Ferner: L. Erk, „Neue Sammlung deutscher Volkslieder.“ B. II, H. 4 u. 5, S. 85, Nr. 78.

4. Nichen, nicken. strichen, ihr angenehm sein, schmeicheln.

Ein Reigentanz, den die Kessenicher und Poppelsdorfer Jungen und Mädchen (in den Jahren 1819 u. 1820) an schönen Sommerabenden im Freien ausführten. – Einer führt eine Jungfrau in den Kreis, die dann Alles thun muß, was die um sie tanzenden Mädchen und Junggesellen singen; sie muß tanzen, küssen, nichen etc. Am Ende des Liedes treten Beide aus dem Kreise wieder heraus und ein andres Paar tritt hinein. Der Junggeselle tanzt mit seiner Mailine. Dies ist das Mädchen, welches er auf der öffentlichen Versteigerung (das Mailehn genannt) erstanden hat. Letztere findet gewöhnlich im Mai statt. Die Junggesellen kommen alsdann im Kruge zusammen, schreiben alle Mädchen im Dorfe auf, und jedes wird dann nach dieser Liste einzeln ausgeboten. Je höher das Mädchen weggeht, desto besser; denn alle diese Geldsümmchen werden in die Mailinenkasse gethan, woraus man die Sonntagstänze und Kirmesgelage im Laufe des Sommers bestreitet. Das Mädchen ist verpflichtet, seinem Junggesellen mit aller Lieb und Treue bis aufs nächste Jahr anzuhangen; es muß mit ihm ausgehn, mit ihm tanzen, trinken, singen und ihn

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_308.jpg&oldid=- (Version vom 26.10.2019)