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11.
Quando comederunt me,

ad latrinam portant me.
Quid feci hominibus,
quod me sequuntur canibus?

(Nach einer handschriftlichen Sammlung vom J. 1575: Hûseman Beckemensis [Benedictiners zu Lisborn an der Lippe] Perpulchri aliquot versus rhythmici. In der Münchener Bibliothek [Cod. mon. ch. lat. 8.] – mitgetheilt von Prof. Dr. Maßmann in: F. J. Mone’s „Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit. 4. Jahrg. Karlsruhe 1835.“ Sp. 184.)


58. Goldvögelein giebt Bescheid.


Mäßig langsam. Mündlich aus Schlesien. (Conradsdorf bei Hainau.)
Noten
Noten


1.
Nächten als ich schlafen gieng,

gedacht ich an die Liebe:
ich gieng in mein Schlafkämmerlein
und sah wol immer dort nüber.

2.
Da sah ich mein geliebtes Kind

bei einem Andern stehen:
da möchte mir mein junges Herz
in tausend Stücke zergehen!

3.
Ich gieng einmal in Wald spaziern,

da war Niemand derheime,
als wie ein klein Goldvögelein,
das war allein derheime.

4.
Gott grüße dich, Goldvögelein!

jetzt mußt du mir schon singen,
sonst fällt auf dich der kühle Thau,
der wird dich schon bezwingen.

5.
„Fällt gleich auf mich der kühle Thau,

treug ich mich in der Sonne.
Wenn zwei Verliebte beisammen sein,
ist lauter Freud und Wonne.

6.
„Wenn zwei Verliebte beisammen stehn

und sehn einander recht gerne,
so leuchten ihn die Aeugelein
als wie zwei helle Sterne.

7.
„Wenn zwei Verliebte beisammen stehn

und sehn einander nicht gerne,
so leuchten ihn die Aeugelein
als wie zwei dunkle Sterne.“

1. Nächten, in vergangener Nacht, gestern Abend. 5. treug, trockne.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_200.jpg&oldid=- (Version vom 27.10.2019)