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3.
„Ach Jäger, lieber Jäger mein,

warum hast du mich geschossen?
denn mein junges frisches Herz
das muß leiden großen Schmerz;
meine Augen stehn mir offen.“

4.
Ach Hirschlein, liebstes Hirschlein mein,

was trägst auf deinem Haupte?
„Was ich auf meim Haupte trage,
das darf ich schon Jemand sagen:
Jesus Christus der am Kreuze.“ –

5.
Wer hat denn das schöne Liedlein erdacht?

zwei junge Jägersburschen.
Auf der Straß und überall,
wo sie nur beisammen warn,
haben sie es ja gesungen.

Dieses Lied erinnert wol an die bekannte Sage vom St. Hubertus. (Auf der Jagd stieß ihm ein stattlicher Hirsch auf, der das heilige Kreuz zwischen seinem Geweihe trug etc.)


57. Häsleins Klage.


Mäßig. Vielfach mündlich, durch ganz Deutschland verbreitet.
Noten
Noten


1.
Gestern Abend gieng ich aus,

gieng wol in den Wald hinaus;
saß ein Häslein in dem Strauch,
guckt mit seinen Aeuglein raus.
Armes Häslein, was du sagst
und ganz heimlich zu mir klagst!

2.
„Was will denn der Waidemann?

hetzt auf mich die Hündlein an?
Wenn der Jäger mich ertappt
und das Windspiel mich erschnappt,
hält er mir die Büchse her,
als wenn sonst kein Has mehr wär!

3.
„Bringt der Jäger mich nach Haus,

zieht r mir Pelz und Hosen aus,
legt mich auf das Küchenbrett,
spickt mir nBuckel brav mit Speck;
steckt den Spieß von hinten ein,
wie kann er so grob doch sein!

4.
„Wenn ich dann gebraten bin,

trägt man mich zur Tafel hin;
der Eine schneidt sich ab sein Theil,
der Andre bricht mir sBein entzwei,
der Dritte nimmt sich sAllerbest:
nehmt vorlieb, ihr lieben Gäst!

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_194.jpg&oldid=- (Version vom 26.10.2019)